Verwaiste Elefantenbabys und tausende ermordete Wildhüter – sie alle sind Opfer des brutalen Elfenbeinhandels

Verwaiste Elefantenbabys und tausende ermordete Wildhüter – sie alle sind Opfer des brutalen Elfenbeinhandels

Ein Artikel von Tom Parry, im Daily Mirror vom 6. Februar 2014, übersetzt aus dem Englischen

Foto: Rowan Griffiths/Daily Mirror

Verwaiste Elefantenbabys-1

Eins der Opfer: Quanza, ein zwei Jahre alter Amboseli-Elefant

Quanza ist eine Elefantenwaise, die ein Jahr alt war, als sie mit ansehen musste, wie ihre Mutter mit einem Sturmgewehr erschossen wurde, bevor ihre Stoßzähne von den Wilderern abgehackt wurden. Die beiden Schwestern von Quanza erlitten das gleiche Schicksal und das junge Kalb blieb nur verschont, weil sie noch keine Elfenbein besaß, das es wert gewesen wäre, eine Kugel zu verschwenden. Sie ist eine von tausenden Afrikanischen Elefanten, die zu Waisen wurden, weil Verbrechersyndikate, die im Zusammenhang mit Terrorismus stehen, das wertvolle „Weiße Gold“ nach Fernost verkaufen.

Aber das brutale Massaker an wehrlosen Geschöpfen hat auch Menschenleben gekostet. Mehr als 1.000 Wildhüter wurden in den letzten 10 Jahren von Wilderern in 35 verschiedenen Ländern ermordet. Unter ihnen auch Jonathan Mancha, erschossen von bewaffneten Somali in Kenias Amboseli Nationalpark, wo Quanza geboren wurde. Er hinterlässt 7 Kinder im Alter zwischen 3 und 15 Jahren, die nun ohne Vater aufwachsen. Jonathan, 37 Jahre, war seit 15 Jahren Leitender Wildhüter, als er erfuhr, dass eine Wilderei-Bande ihr Unwesen trieb. Er hatte dienstfrei, was ihn aber nicht davon abhielt, sich von seiner Familie zu verabschieden, in seinen Kenya Wildlife Service Jeep zu steigen und zum Ort des Massakers zu fahren. Das war das letzte Mal, dass seine Familie ihn sah.

 

Ich treffe die Familie in einer kleinen, stickigen Hütte an einem zerfurchten, schlammigen Weg. Alte Zeitungen bedecken die Bretterwände. Der ältere Bruder Tim, der einsprang, um die Kinder zu unterstützen, erzählt mir, dass Jonathan ein Held war. Die Witwe Alfonzina, 50 Jahre alt, muss rausgehen, als wir anfangen, zu sprechen. Sie kann es nicht ertragen, daran erinnert zu werden, was passiert ist. Tim erinnert sich: „Ihm wurde von einem anderen Wildhüter berichtet, dass die Männer, er nannte sie Schlächter, eine Giraffe und einen Elefanten getötet haben. Er sagte -­-­-­,Ich gehe nicht nach Hause, solange die Wilderer Tiere abschlachten.’ Man nahm an, dass es Wilderer aus Somalia waren und ich warnte ihn, dass Somali schießen, um zu töten, nicht um zu erschrecken. John und die anderen Wildhüter mussten zu Fuß in den Busch gehen und sie entdeckten die Wilderer, vier von ihnen liegend. Die Wildhüter eröffneten das Feuer, aber die Wilderer schossen zurück und John wurde im Oberschenkel getroffen. Die Blutung war so stark, dass er schnell starb. Niemand konnte die Blutung stoppen. Die Wilderer hatten bessere Waffen.“

 

Das Töten von Wildhütern an der Wilderei-Front ist ein Thema, das David Cameron und die afrikanischen Staatsoberhäupter nächste Woche auf einer Londoner Konferenz über den 12 Mrd. -£ schweren illegalen Handel mit wildlebenden Arten diskutieren werden.

Banden, die im Zusammenhang mit der al-Shabaab stehen, feuern mit ihren Sturmgewähren wahllos auf die Wildhüter, die oft nur mit Holzstöcken bewaffnet sind, und fliehen dann über die Grenze ins gesetzlose Somalia.

Foto: Rowan Griffiths/Daily Mirror

Verwaiste Elefantenbabys-2

Opfer: Die Großfamilie von Jonathan Mancha aus Loitokitok

 

 

 

In nur einem Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo wurden innerhalb von 10 Jahren 183 Park Ranger getötet.

 

Im Amboseli-Park, wo 1.500 Elefanten auf den staubigen Ebenen frei umherwandern, kann man beobachten, wie fast 4 m große Elefantenbullen Grass mit ihren Rüsseln abreißen, während ihre Kälber gehorsam dahinter folgen, das ist ein beeindruckendes Schauspiel. Es erscheint unvorstellbar, dass irgendjemand sie einfach so wegen des Elfenbeins töten würde. Jedoch ist die unüberschaubare, freie Fläche unterhalb des Kilimanjaro zu groß, um hinreichend patroulliert zu werden, und das macht die Tiere angreifbar. Im Oktober 2012 stand Quanza neben ihrer Mutter Qumquat, dem Familienoberhaupt, als die Wilderer ihre Herde mit Kugeln aus AK47 Kalaschnikows beschossen. Sie war eine der drei älteren Mütter, die wegen ihrer langen Stoßzähne abgeschlachtet wurden, die im Fernen Osten bis zu 80.000 -£ einbringen würden. Die Wilderer lauerten auf der Wanderroute der Amboseli Herde zu den Wäldern Tansanias. Die Wildhüter fanden Quanza, neben dem verwesenden Kadaver ihrer Mutter stehend, die einzige Überlebende ihrer Familie.

 

Geschichten wie diese brachten Jonathan dazu, sein Leben zu riskieren. Als ich im Halbdunkeln des Raums, der Lehmboden hatte, mit seinem Bruder sprach, spielten Jonathans Kinder draußen im bewachsenen Hof. Sie sind zu arm, um sich die Schule leisten zu können. „Für mich wird er immer als tapferer Soldat gefallen sein“, sagt Tim. „Er beschützte die Elefanten, als ob sie Menschen waren. Er war ein sehr engagierter Mann, mit einer Leidenschaft für wildlebende Tiere.“

 

 

Ein Glück für Quanza, ihre Geschichte nahm ein glücklicheres Ende.

Foto: Rowan Griffiths/Daily Mirror

Verwaiste Elefantenbabys-3

Ranger vom Amboseli-Nationalpark

 

Nicht in der Lage, alleine zu überleben, wurde Quanza ruhiggestellt und in das Elefantenwaisenhaus in Kenias Hauptstadt Nairobi geflogen, das vom David Sheldrick Wildlife Trust betrieben wird. Jetzt wird sie vom Pfleger Amos Lakalau aufgezogen, sie verbringt ihre Tage mit anderen Elefantenwaisen im Wald und schläft in einem bewachten Stall. Sobald sie wiedereingegliedert wurde, wird sie in die Wildnis zurückkehren.

 

Dame Daphne Sheldrick, 80 Jahre, die mir erzählt, dass Quanza wahrscheinlich mit ansehen musste, wie das Gesicht ihrer Mutter mit einer Axt zerhackt wurde, um an die Stoßzähne zu kommen, sagt: „Es dauert 2 Jahre, bis ein Elefantenbaby im Mutterleib heranwächst, im Vergleich zu 9 Monaten bei Menschen. Das bedeutet, dass es sehr lange dauert, bis sich eine Herde regeneriert, wenn die älteren Erwachsenen die Zielgruppe der Wilderer sind. Unsere Anti-Fallen-Teams stellen immer Wilderer und alarmieren die Behörden, aber am nächsten Tag sind sie wieder draußen. Sie lachen über sie.“ Dame Daphne, die 2006 für ihr Lebenswerk geehrt wurde, fügt hinzu: „Es besteht kein Zweifel, dass Elfenbeinschmuggel- Syndikate auch am Waffen- und Drogenhandel beteiligt sind. Es besteht zweifellos ein Zusammenhang mit Terrorismus und der al-Shabaab. Die Syndikate sind durch das Abschlachten der Elefanten extrem reich geworden. Die Korruption war schon immer ein Problem. Die Wilderer haben ihre Verbindungen, um sich mit Schmiergeldern aus dem Gefängnis freizukaufen.“ – Preise von über 100 -£ pro Kilo Elfenbein bedeuten in Kenia viel Geld für die ärmsten Menschen. „Die Versuchung ist enorm,“ sagt sie. „In Kenia gibt es keine Sozialleistungen, so dass ein Mensch, von was auch immer er leben kann, leben muss. Der Schlüssel hierfür liegt in China. Solange es dort eine Nachfrage nach Elfenbein gibt, werden Elefanten getötet werden. Bis der Verkauf von Elfenbein-  völlig verboten ist, wird es ein Problem geben und China wird als der Verbrecher angesehen. In China gilt Elfenbein als Statussymbol. Es wird als Weißes Gold angesehen.“

 

Ich realisiere die gewaltige Dimension dieser Herausforderung, als ich Moses Sinkooi, 30 Jahre, und sein dreiköpfiges Team in einer einfachen Hütte auf einem felsigen Hügel treffe. Es ist ein entlegener Außenposten, ein kleiner Punkt am weiten Horizont. Das Team überwacht 5.000 Acres (1 Acre sind ≈ 4046,9 m-²) zu Fuß und ihre Chancen stehen enorm schlecht. „Drei Elefanten wurden hier in der Nähe erschossen,“ erzählt mir Moses. „Es ist hart. Wir sind nur vier, aber es sind viele Wilderer.“

 

Aber die engagierten Wildhüter werden niemals aufgeben…. denn, bis die Politiker sich zu einem entschlossenen Vorgehen bekennen, sind sie die letzte Verteidigungslinie der Tiere, um die sie sich kümmern.