18. Juni 2004 – Der große Tag des Umzugs ist da:


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Napasha, Tomboi, Olmalo, Taita, Wendi und Selengai gehen von der Nairobi Nursery nach Ithumba, und Mulika, Nasalot, Yatta und Kinna gehen von Voi nach Ithumba.

Diesem Umzug der sechs Nursery-Elefanten nach Ithumba  im Norden des Tavo-Ost Nationalparks zusammen mit einem Teil der Voi-Gruppe gingen sehr umfangreiche und schwierige Planungen und Überlegungen voraus. Die Erstellung der Infrastruktur in Ithumba war eine enorme Herausforderung – nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht, da die Gegend sehr abgelegen ist, kaum  Kommunikationseinrichtungen hat, und das – für Elefanten lebensnotwendige Wasser – ist auch sehr knapp. Für Imenti gab es schon ein Gehege, umgeben von einem  Elektrozaun, aber es mussten noch Unterkünfte für die Keeper sowie Lagerraum für Milch und Medikamente errichtet werden, ebenso Regenwasser-Auffangtanks, Wasserlöcher usw., usw. Außerdem musste an der Nordgrenze des Parks noch ein Elektrozaun gebaut werden, damit die Elefanten nicht auf die benachbarten Felder wandern, von denen sie Farmer mit gefährlichen Schreckschüssen vertreiben würden.

Die sechs Nursery-Elefanten, die nach Ithumba gehen, sind: Wendi aus dem Imenti-Wald, die jetzt 21 Monate alt und die Mini-Matriarchin der Nursery ist; sie kam am Tag ihrer Geburt zu uns und wurde wie Imenti durch eine Blutplasma-Infusion von Thoma vor dem Tod gerettet, denn ihrem Immunsystem fehlte die erste Colostrum-Milch der Mutter. Es gehen noch die zwei Jahre alte Napasha von der Mpala-Ranch in Laikipia, der 18 Monate alte Olmalo von der Loisaba-Ranch in Laikipia, die 16 Monate alte Taita aus dem Taita Hills Hilton Sanctuary und die 15 Monate alte Selengai von der Loisaba-Ranch und schließlich der 18 Monate alte Tomboi aus dem Samburu National Reserve.

Die Entscheidung, die sechs Nursery-Elefanten direkt in den Norden zu bringen, wurde nicht leichtfertig getroffen. Es gab viele Diskussionen zwischen uns, den Keepern in Voi und auch mit Jill, Daphnes Tochter, die jahrelang in Nairobi und Tsavo das Waisenprojekt gemanagt hatte und jetzt zu Daphnes 70. Geburtstag aus ihrer neuen Heimal Frankreich angereist war. Emilys Gruppe, die aus 31 noch abhängigen Elefanten besteht, konnte während der langen Trockenperioden in Tsavo von den Keepern kaum noch optimal versorgt werden.

Die Frage, welche Elefanten gehen sollten, wurde ebenfalls sehr gründlich diskutiert. Schließlich wurde entschieden, dass vier der Elefantenmädchen nach Norden umsiedeln sollten, die für die Nursery Babys als Matriarchin in Frage kamen, jedoch jung genug waren, um Imenti nicht zum Besteigen zu reizen. Wenn sie sich an die neue Umgebung gewöhnt haben, werden einige gleichaltrige Bullen aus Voi dazu kommen.

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Wir  entschieden außerdem, dass einige der 4 – 5 jährigen Elefantenmädchen aus Voi nach Norden gehen, und zwar Mulika aus Meru-Park und Nasalot aus Turkana – gute Freundinnen aus ihren Nursery-Tagen; Kinna aus Meru-Park und Yatta aus dem Tsavo-Triangle-Gebiet, ebenfalls Freundinnen aus der Nursery-Zeit. Hätten wir ältere Elefanten ausgesucht, wäre es zwischen Emily und Aitong vermutlich zu Differenzen gekommen, weil Emily bestimmt versucht hätte, ihre verlorenen Schützlinge durch Waisen-Elefanten aus Aitongs Gruppe zu ersetzen. Außerdem spielte die enge Freundschaft zwischen den Vieren eine große Rolle, die miteinander zufrieden sind und auch noch keine engen Kontakte mit den wilden Herden geschlossen haben, wie das bei den Älteren der Fall ist.

Am Tag der Abreise, dem 18. Juni, vor Sonnenaufgang, stiegen Wendi und Selengai ohne Schwierigkeiten in den ersten Truck, gefolgt von Olmalo und Taita, die einen kleinen Anschubser brauchten. Napasha und Tomboi sollten in den dritten Truck, Napasha war zwar sehr zögerlich, aber die Gier nach der Milchflasche im Wagen war dann doch größer als die Angst und als er endlich im Truck war, wurde sofort die Tür geschlossen und die Karawane aus sechs Elefanten, ihren Keepern und dem Tierarzt mit allem Zubehör setzte sich in Bewegung – alles sorgfältig organisiert von Angelas Ehemann Robert Carr Hartley.

Es war ein 8-Stunden-Trip nach Ithumba auf staubigen, schlechten Straßen. Gegen 3 Uhr nachmittags kamen sie an, und sofort, als die Hecktür geöffnet wurde, versuchten Napasha und Tomboi, so schnell wie möglich herauszukommen. Die anderen Vier kamen sehr benommen heraus, verwirrt über die völlig fremde Umgebung, aber ihre vertrauten Keeper waren ja da, um ihnen ein Gefühl der Beständigkeit innerhalb ihrer menschlichen Familie zu geben. Da es hier in Tsavo viel wärmer ist, genossen die sechs Nursery-Elis erstmal ein ausgiebiges Schlammbad und eine Milchmahlzeit, bevor sie ihre neue Umgebung vorsichtig erkundeten – mit ängstlich vorgestreckten Ohren. Alle waren verständlicherweise nervös und verwirrt, und die erste Nacht war für sie ziemlich stressig, denn sie waren alle zusammen in einem großen Freiluft-Gehege – weit weg von den kuscheligen, warmen Nursery-Ställen.

Inzwischen fuhren die leeren Trucks mit dem Tierarzt und Robert durch den Park nach Voi, wobei sie den Galana-Fluß auf dem Damm überquerten, den David Sheldrick in den fünfziger Jahren gebaut hatte, damit man von Süden in die nördliche Region gelangen kann.

Am Morgen des 21. Juni verließen Emily, Aitong und die Voi-Waisen früher als sonst ihre Nachtunterkunft und die vier Elefanten, die nach Norden gehen sollten, blieben zurück. Das wurde schon seit einigen Wochen so praktiziert, um die großen Elefanten an die Abwesenheit der Vier zu gewöhnen. Gelockt durch Zuckerrohr, Kokosnusskuchen und eine Milchflasche, überraschte Mulika alle, als sie als erste den Truck bestieg, gefolgt von Nasalot, die schnell zu ihrer Freundin hineinklettere. Der erste Truck fuhr los Richtung Norden. Yatta und Kinna allerdings mussten vom Tierarzt erst ein leichtes Beruhigungsmittel bekommen, damit man sie in den Truck schieben konnte.

Am Ende der Reise stiegen alle vier Eli-Mädchen  sehr ruhig aus, fast so als hätten sie nur einen kurzen Ausflug gemacht. Sie waren überglücklich, dort sechs kleine Eli-Babys vorzufinden, die sie bemuttern konnten – was sie auch sofort mit zärtlicher Hingabe taten. Diese Wiedervereinigung war für die menschlichen Zuschauer sehr bewegend.

Viel Glück, Ihr Lieben. Möge Euch die neue Heimat gefallen! Wir werden Euch nicht aus den Augen verlieren. Und Eure Pateneltern werden auch in Zukunft für Euch da sein. Bis Ihr eines Tages wieder dort lebt, wo sich alle großen und kleine Elefanten irgendwann  am wohlsten fühlen – in der atemberaubenden Tsavo-Landschaft inmitten der wilden Grauen Riesen.