Die Behandlung und der tragische Verlust eines Elefanten

Am frühen Samstagmorgen, den 19. April, wurde Angela Sheldrick von Benjamin kontaktiert, dem Chef-Pfleger in Ithumba. Er hatte einen verletzten Elefanten gesehen, als er auf dem Weg war, eine Besorgung zu machen. Der Elefant schien in einem kritischen Zustand zu sein, sein Rücken war gekrümmt und ein Vorderbein war stark geschwollen. Es wurde auch eine Nachricht an das Anti-Wilderei-Team vom DSWT in Ithumba geschickt, das sich sofort zu der Stelle des verwundeten Elefanten aufmachte, um seinen Zustand zu überwachen und um dabei zu helfen, die tierärztliche Behandlung zu koordinieren.- – 

 


Es wurde sofort der Tierarzt vom Kenya Wildlife Service (KWS), Dr. Poghon, angerufen, der vor Ort in Voi ist und der die Mobile Tsavo Veterinäreinheit (gesponsert durch die Organisation „Vier Pfoten“) leitet. Dr. Poghon wurde darüber informiert, sich so bald wie möglich für einen Flug nach Ithumba bereit zumachen, um dort einen Elefanten zu behandeln. Nick Trent, der die Feldaktivitäten des Trusts durchführt, flog sofort mit der Trusteigenen Cessna 185 vom DSWT Hauptquartier los, das sich in Kaluku im Tsavo Nationalpark befindet, um Dr. Poghon und seinen Assistenten mit ihrem medinzinischen Material abzuholen. Mit Unterstützung der Einheit zu Luftüberwachung konnte das Veterinärteam so eine langsame 200 km lange Fahrt in den Norden von Tsavo Ost vermeiden, um wertvolle Zeit zu sparen, da aufgrund des Kommunikationsaustausches klar war, dass dieser Fall dringend war. Inzwischen bereitete das DSWT Team in Ithumba alles vor, was für die Behandlung nötig war, lud genügend Wasser auf den Land Rover und stellte den Traktor bereit, falls dieser benötigt wurde für den Fall, dass der Bulle nach der Betäubung in eine schlechte Position fiel. Auch die KWS Ranger wurden von ihren Sicherheitsaußenposten geholt.

 

 

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Der Elefant hatte fünf Pfeilwunden auf der einen Seite

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Das Team bei der Arbeit

 

Nach der Ankunft in Ithumba bereitete Dr. Poghon den Betäubungspfeil vor und ging in den dichten Busch, um nah genug für das Abschießen des Betäubungspfeils zu kommen. Der Bulle wurde bald in der Nähe gesichtet, er stand im Schatten einiger Dornenbäume. Obwohl er unter große Schmerzen litt, hatte der Elefant noch die Energie, einen Scheinangriff auf das sich nähernde Team zu starten, allerdings hatte er nicht genug Energie, zu fliehen. Der Betäubungspfeil traf das Mark und der Elefant humpelt noch 50 Meter, bevor er still stand, da das Betäubungsmittel Wirkung zeigte und bald darauf legte er sich auf seine linke Seite.

 

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Aufstehen nach der Behandlung

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Der Elefant nach der Betäubung

 

Normalerweise ist das Entfernen von Giftpfeilen, die diesem Elefanten diese Schmerzen bereiteten, eine recht einfache Operation und dauert ungefähr 15 Minuten. Diesmal war es jedoch anders, denn als man sich dem schlafenden Elefanten näherte, war bald offensichtlich, dass er fünf Pfeilwunden auf dieser Seite hatte und ein stark geschwollenes Bein auf der anderen Seite. Der Tierarzt stand ungläubig da, überlegte die Möglichkeiten und wog die Entscheidungen, die er treffen musste, ab. Außerdem bemerkte Dr. Poghon frische Narben im Gesicht des Elefanten, ein Indiz dafür, dass er schon einmal gestürzt war und eine beträchtliche Zeit gebraucht und energisch gekämpft hat, um aufzustehen. Irgendwie hat er es geschafft.

 

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Immer mehr Giftpfeile werden entfernt

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Das Team bei der Arbeit

 

Man begann damit, die Pfeile zu entfernen und die Wunden zu reinigen. Die ersten beiden Wunden waren frisch, das Gift noch schwarz. Die anderen Wunden waren älter. Es dauerte eine halbe Stunde, die Wunden auf der einen Seite zu säubern. Danach wurde der Elefant umgedreht, um die andere Seite zu behandeln.

 

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Entfernen eines vergifteten Pfeils

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Dr. Poghon und sein Team entfernen die Giftpfeile

 

Es wurden zwei weitere Pfeile aus der anderen Seite entfernt und das stark geschwollene Bein wurde behandelt. Der Tierarzt ließ den Eiter abfließen und reinigte rundherum die Wunde, das dauerte eine weitere halbe Stunde. Zum Glück war es ein kühler Tag und es regnete ein bisschen während der Operation. Dr. Poghon gab dem Elefanten eine 50%ige Überlebenschance, als er diesem prächtigen Tier die Wiederaufwachspritze verabreichte. Kurz danach wachte der Bulle auf, aber bewegte sich nicht, er lag nur ruhig da. Er war hellwach, atmete und lauschte, aber scheinbar ohne Lebenskraft, um aufzustehen. Das ganze Team fragte sich, ob er aufgegeben hatte.

 

Das Team sprang schnell ein und schlang ein Seil um seinen Stoßzahn, während er bei Bewusstsein war, und positionierte den Traktor. Langsam erhob sich der Kopf des jungen Bullen, als der Traktor sich langsam vorwärts bewegte. In dem Moment, als sein Kopf begann, sich zu erheben, strengte sich der Elefant und mit all seinem restlichen Mut an und nutzte das Seil um sich selbst hochzuziehen. Der Bulle hielt ein paar Sekunden inne bevor er seinen großen Körper erhob, er kämpfte gegen den Schmerz, als er sein geschwollenes Bein belastete. Er verlagerte sein Gewicht auf das gesunde Bein, schaukelte seinen Körper hin und her, streckte langsam seine Standbeine gerade und stand. Als der Elefant sein Gleichgewicht hielt, schob er das Seil vorsichtig mit seinem Rüssel von dem Stoßzahn.

 

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Dem Elefanten wird auf die Beine geholfen

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Der Elefant strengt sich an, nach der Behandlung aufzustehen

 

Was für ein Moment! Was für ein Mut! Was für ein Kämpfer! Er stand eine Weile und – schaute das Team, das ihm geholfen hatte, um sich herum an. Der Bulle zeigte keine Aggression, denn er verstand, das ihm geholfen worden war. Wir wussten, wie viel Leiden dieser Elefant durch die Hand von Menschen erfahren hatte, weil Wilderer ihn so barbarisch mit Giftpfeilen traktierten – dennoch trotzte er dem Tod. Und es war offensichtlich, dass er das verstand.

 

Der Bulle humpelte ein paar Meter weiter in den Schatten, wo er sich ausruhte, um seine Kraft wiederzuerlangen. Die Teammitglieder, die diesem bedauerlichen Bullen geholfen haben, waren überglücklich und jeder der Anwesenden fühlte, dass sie an diesem Tag etwas wirklich Besonderes vollbracht hatten. Sie haben einem alten Freund geholfen, indem sie seine entsetzlichen Schmerzen linderten – das gab ihnen das Gefühl, gute Arbeit geleistet zu haben – und es könnte eine Chance geben, dass er rechtzeitig genug gefunden wurde.

 

Das Anti-Wilderei-Team aus Ithumba prüfte täglich, wie es ihm geht. Das Team berichtete, dass er jeden Tag kräftiger zu werden scheint, sein Humpeln ließ deutlich nach. Dieser mutige Bulle hat sich entschieden in der Nähe von Ithumba und dem dortigen Team zu bleiben, er trinkt Wasser aus einem nahegelegenen Wasserloch und ist zufrieden, so dass er sich langsam erholt.

 

Update vom 25. April 2014

 

Schweren Herzens müssen wir mitteilen, dass dieser tapfere junge Elefantenbulle seinen Verletzungen am 25. April erlegen ist – Kenia wurde erneut einer weiteren Kostbarkeit beraubt. Ein junger Elefantenbulle wurde aus der Blüte seines Lebens gerissen, er durfte nicht das lange Leben führen, das er verdiente, und das alles nur wegen ein bisschen Elfenbein.

 

Gemeinsam mit dem KWS wurden die Anti-Wilderei Einsätze verstärkt. Die Männer waren geprägt von dem, was sie an dem Tag, als der Elefantenbulle operiert wurde, miterlebten. Wir sind zufrieden, mitteilen zu können, dass innerhalb von drei Tagen fünf Wilderer verhaftet wurden – wir sind überzeugt, dass sie für die Qualen des jungen Bullen verantwortlich sind. Wir können nur hoffen, dass das Rechtssystem dazu beiträgt, dass dieses Verbrechen entsprechend bestraft wird!

 

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Originalartikel erschienen auf der website des David Sheldrick Wildlife Trust (DSWT), übersetzt aus dem Englischen-