Elefanten-Culling für die Forschung – und ihr eigenes Überleben

von Eleanor Momberg

In naher Zukunft werden in den Nationalparks überzählige Elefantenbestände erlegt [Culling im Fachjargon, Anm. d. Übers.]. Diese Maßnahme ist Teil eines Versuchsprogrammes von South Africa National Parks (SANParks), um die Folgen von Culling, Verhütungsmethoden und die Ausweitung von Lebensraum auf das Sozialverhalten und die Metapopulation[1] zu untersuchen.

Culling wurde im letzten Jahr offiziell als eine Option für das Management der Elefantenbestände anerkannt. Den Gesetzen zufolge müssen Eigentümer und Leiter von Nationalparks und Schutzgebieten, auf denen die stetig wachsenden Elefantenpopulationen umherziehen, nachweisen, dass das Töten von Megaherbivoren[2] auf ihren Grundstücken notwendig ist. Diese Notwendigkeit muss wissenschaftlich begründet sein, und der Nachweis muss dem Minister für Umwelt und Tourismus bzw. ihrem zuständigen MEC[3] erbracht werden.

Marthinus van Schalkwyk, Minister für Umwelt und Tourismus, bezeichnete Culling noch im vergangenen Jahr als allerletzte Lösung. David Mabunda, Geschäftsführer von SANParks, sagte in dieser Woche, dass die geplante Culling-Aktion Bestandteil eines fundierten Forschungsprojektes sei, das wiederum zum Elefanten-Managementplan eines jeden Nationalparks gehöre. „Ginge es uns nur ums Schießen, hätten wir den Plan längst umgesetzt. Aber wir möchten alle Möglichkeiten sorgfältig und gut gesteuert in einen experimentellen Kontext setzen. Das heißt Daten sammeln und das Verhalten davor und danach zu beobachten, auf deren Basis wir dann eine Entscheidung über die bestmögliche Art der Intervention treffen können,“ sagte er. „Außerdem müssen wir eine günstige Populationsdichte ermitteln, mit der wir umgehen können. Und es müssen die Herausforderungen erkundet werden, die uns in verschiedenen Teilen des Parks (Krüger Nationalpark) erwarten, denn dort beeinflussen die Elefanten jedes Gebiet anders.“

Das Forschungsprojekt hat nicht zum Ziel, Lösungen aufzuzeigen, sondern dient vielmehr der Sammlung von Daten, um auf die Managementpläne von SANParks zu reagieren. „Hat man Angst vor Versuchen und ihrer Umsetzung, wird man nie weiter lernen, geschweige denn das Problem lösen. Wir schauen also auf die grundlegenden Dinge, die wir tun können,“ sagte er. Hinzu fügte er außerdem, dass in früheren Culling-Programmen zwischen 1967 und 1994 nie Daten über das Verhalten oder dergleichen von Parkbehörden erhoben wurden. Damals wurden mehr als 16.200 Elefanten getötet. Mabunda ergänzt, dass die Naturschutzbehörde nicht länger warten kann, bis weitere Menschen durch Elefanten getötet werden.

Der Versuch, den Lebensraum zu vergrößern, indem die Wanderrouten in grenzüberschreitende Parks geöffnet wurden, war eine eher mittel- bis langfristige Möglichkeit. Kurzfristig erwies sich diese Option als nicht erfolgreich, da die meisten Elefanten, die auf die mosambikanische Seite des Great Limpopo Transfrontier Parks übersiedelten, in den Krüger Park zurückkehrten. „Diese Gebiete sind von Menschen bewohnt – keine sauberen, unbewohnten, wilden Regionen. Wenn die Elefanten durch Dörfer hindurch wandern, fühlen sie sich bedroht und kehren um. So lange die menschliche Bevölkerung explodiert und sich eher vergrößert als verkleinert, stellt sich für uns entweder das Problem dieses Konfliktes zwischen Mensch und Wildtier oder die Rückkehr der Elefanten in den Krüger Park.“

Ein weiterer Knackpunkt ist, dass der Großteil der Elefantenpopulation Südafrikas aus Tieren besteht, die innerhalb eines Nationalparks oder Schutzgebietes geboren sind. Sie kennen die Wanderrouten aus früheren Zeiten gar nicht. „Sie sind territorial. Die alten Lebensräume wieder herzustellen, würde uns 100 Jahre oder mehr kosten. Und, haben wir 100 Jahre? Nein,“ so Mabunda. Translokation ist also keine Alternative, sagt er, und bezieht sich auf einen Antrag des Sabi Sands Wildreservates, die 500 Elefanten nach Sambia umsiedeln möchten. „Wie soll man 500 Elefanten umsiedeln?“ Culling, so Mabunda weiter, wird kein leichtes Unterfangen. Doch es ginge schnell. „Wir werden uns besser fühlen, wenn die Elefantenzahlen etwas abnehmen, so dass auch andere Tierarten eine Chance bekommen und nicht verhungern,“ meint Mabunda. In Bezug auf die Politik einer nachhaltigen Ressourcennutzung, wird das Fleisch der toten Elefanten an die einheimischen Dörfer, das Personal von SANParks oder wer immer es möchte, verkauft – zu einem Preis, der lediglich die Kosten der Fleischverarbeitung deckt.

„Wir möchten in den Dörfern weder Abhängigkeit oder Anspruchsdenken auf das Fleisch herbeiführen, noch den Eindruck erwecken, dies sei ein unternehmerisches Vorhaben, das uns Profit bringt. Verarbeitet man jedoch das Wildfleisch, so muss jemand für die Kosten aufkommen,“ sagt Mabunda. Zu einem Datum für den Beginn des Culling-Projektes hält er sich bedeckt, da die Managementpläne für die Elefantenpopulationen im Krüger Park, im Addo Elefanten Nationalpark und im Marakele Nationalpark noch nicht zum Abschluss gebracht wurden.

In jedem Park wird man auf verschiedene Art und Weise eingreifen, manchmal auch mit einer Kombination aus den unterschiedlichen Alternativen, so Mabunda. „Unsere Priorität liegt darin, die Auswirkungen der verschiedenen Möglichkeiten zu verstehen,“ betont er. „Die Menschen werden sich über das Culling aufregen, aber wir werden sie nicht zu Tode knüppeln, nur weil sie gegen Culling sind.“

Allerdings gäbe es keine andere Option. „Wir werden Elefanten abschießen… Ich werde weder mich noch die Südafrikaner belügen und versprechen, 1000 Elefanten an einen anderen Ort umzusiedeln. Und in Anbetracht des derzeitigen Finanzklimas glaube ich kaum, dass sich jemand findet, der dieses riesige Vorhaben bezahlen würde. Wie viele Elefanten kann man auf dem Luftweg umsiedeln, und wie lange soll das dauern? Für immer. Man muss realistisch sein… Das ist die Wahrheit: und die Realität ist manchmal hart,“ schließt Mabunda.


[1] Metapopulation: beschreibt eine Gruppe von eigentlich unabhängig voneinander lebenden Teilpopulationen (Subpopulationen), die untereinander eingeschränkten Genaustausch haben, sich also paaren.

[2] Megaherbivoren: große Pflanzenfresser, die einen weitreichenden Einfluss auf die Entwicklung der Landschaft haben; in Europa z.B. Rinder, Pferde und Hirsche

[3] MEC: Member of the Executive Council; der Council ist eine Art Kabinett in jeder Provinz Südafrikas

 

Quelle: Sunday Independent, South Africa, 3rd May 2009

 

 

Wir, der Verein Rettet die Elefanten Afrikas, verurteilen die Culling-Pläne auf das Schärfste.
Siehe auch
Culling-Pläne in Südafrika: GRAUE RIESEN WIEDER IM VISIER?