Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Juli 2004

Nairobi-Nursery

Das gravierendste Ereignis dieses Monats war die dramatische Rettung eines 18 Monate alten Elefantenbabys aus dem Pelican-Sumpf des Amboseli-Nationalparks. Dieses Kalb war offensichtlich verwaist und hatte drei Speerwunden auf der linken Körperseite. Einige Masai-Jugendliche hatten offenbar wieder einmal ihren so genannten „Mut“ beweisen wollen…

Als das Rettungsflugzeug landete, rannte der Kleine in Todesangst in den Sumpf – verfolgt von einer Gruppe Hyänen. Nur durch das rechtzeitige Eingreifen eines alten Büffelbullen, der aus dem Sumpf angerannt kam und die Hyänen vertrieb, wurde er gerettet.

An diesem Tag hatten nicht die schuldigen Masai-Jugendlichen eine Auszeichnung für ihren „Mut“ verdient, sondern drei unserer Keeper, die bis zu den Schultern in den von Rhinos und Krokodilen bevölkerten Sumpf hineinwateten. Mit großer Anstrengung schafften sie es, den kleinen Elefanten ans trockene Ufer zu ziehen, wo er vom Tierarzt sofort eine Beruhigungsspritze erhielt. Mit dem Flugzeug wurde er dann in die Nairobi Nursery gebracht.

Alle unsere Bemühungen, sein Leben zu retten, waren allerdings vergeblich, denn zusätzlich zu dem schweren psychischen Trauma litt er unter einer fortgeschrittenen Blutvergiftung und einer Lungenentzündung – eine tödliche Kombination. Er starb am 23. Juli, nachdem er zwei Nächte und einen Tag bei uns war. Er war offenbar auch schon etwa 10 Tage lang ohne Muttermilch gewesen und hatte viel Kondition verloren. Dieser hoffnungslose und sehr bedrückende Fall hinterließ bei uns eine tiefe Traurigkeit.

Es gibt zum Glück auch positivere Nachrichten, denn unsere vier in der Nursery verbliebenen Elis haben sich prächtig entwickelt. Es ist beglückend zu sehen, wie sich die kleine Naserian nach ihren traumatischen Erlebnissen als Waise im Samburu National Reserve allmählich in einen liebevollen kleinen Elefanten verwandelt, der seiner menschlichen und auch Elefantenfamilie sehr zugetan ist.

Ndomot ist immer noch ziemlich fordernd und umklammert ständig mit seinem Rüssel den Hals seines Keepers. Er ist sehr wählerisch, wenn es darum geht, welcher Keeper das Privileg hat, die Nächte mit ihm verbringen zu dürfen. Wenn nachts Protestgeschrei ertönt, kann man sicher sein, dass es Ndomot ist, der aufgewacht ist und nach Futter verlangt oder einen anderen Keeper bei sich haben will.

Madiba ist ein zäher kleiner Bursche geworden, der in kurzer Zeit ziemlich gewachsen ist und von den Vieren der spielfreudigste ist. Seine Lymph-Infektion, die er mitbrachte, als er zu uns kam, ist ein chronisches Problem und hat hartnäckig zwei Serien von Antibiotika-Injektionen getrotzt. Mittlerweile scheint diese Infektion sich durch Lymphdrainage und homöopathische Pillen zu bessern.

Sunyei ist in ihrer Rolle als Mini-Matriarchin etwas unbeständig, denn manchmal liebt sie es, die Unabhängige zu spielen. Dann entfernt sie sich unternehmungslustig von den anderen und inspiziert mit aufgestellten Ohren den Wald, so als ob sie die Rolle des Beschützers spielt. Bald wird wahrscheinlich auch die kleine Naserian die Aufgaben einer Mini-Matriarchin mit übernehmen.

Ithumba in der Northern Area von Tsavo-East

Nachdem ursprünglich Nasalot und Mulika sich die Rolle der Matriarchin geteilt hatten, scheint jetzt Yatta nach und nach die Führung in Ithumba zu übernehmen. Selengai ist ganz offensichtlich die Favoritin der älteren Mulika, denn sie darf an ihren Ohren nuckeln und wird von ihr gut bewacht, wenn z.B. Taita versucht, die Kleine zu schubsen. Olmalo als der Jüngste wird von allen Waisen geliebt, ist aber der besondere Liebling von Nasalot. Napasha ist als ältester Bulle in Imentis Fußstapfen getreten, indem er die Rolle des Beschützers übernommen hat. Er verjagt Gazellen und Perlhühner und hält die Stellung, wenn die anderen flüchten. Auch Tomboi ist mutiger geworden und führt die Gruppe manchmal zu ihren Weideplätzen. Es machte ihm großes Vergnügen, zwei Ratten zu jagen. Wendi rennt fröhlich umher, legt Büsche um und bricht Zweige ab und schafft es dabei, die anderen in Alarm zu versetzen. Tomboi und Taita sind gute Freunde, die Spaß daran haben, ihre Kräfte zu messen, wobei die Rangeleien manchmal in Kämpfe ausarten. Dann greift Napasha ein und trennt die Kampfhähne. Einmal bestrafte Napasha Tomboi, weil er Olmalo geschubst hatte, und Mulika bedrohte Kinna, die Wendi beiseite geschoben hatte, damit sie ihr nicht das Futter weg frisst.

Von den vier älteren Elefanten ist Kinna die jenige, die leichte Anzeichen von Eifersucht zeigt, weil die ganz Kleinen so viel Zuwendung bekommen, außerdem scheint sie mit der Umquartierung nach Ithumba nicht so ganz zufrieden zu sein. Aber alles in allem haben sich die Ithumba-Waisen sehr gut eingelebt und genießen ganz offensichtlich ihr Leben.

Imenti ist immer noch abwesend, wurde aber vom Flugzeug aus gesichtet, und was noch wichtiger ist: Er war in Begleitung eines sehr großen alten Bullen. Einen solchen Bullen, der in der Rangordnung der Elefantengemeinschaft weit oben steht, zum Freund zu haben, ist für jeden Bullen im Teenager-Alter sehr erstrebenswert. Für uns ist Imentis lange Abwesenheit ein Grund zum Feiern, denn es zeigt uns, dass er die Gesellschaft der wilden Elefanten seiner menschlichen Familie vorzieht und sich dort zu Hause fühlt. Zu guter Letzt hat dieser prächtige Waisenelefant, der am Tag seiner Geburt (19. Januar 1994) in unsere Obhut kam, die Rückkehr in die Wildnis geschafft.

Die Waisen in Voi / Tsavo-East

Sie spielen in kleinen Gruppen mit ihren engsten Freunden. So sind zum Beispiel dicke Freunde: Sosian und Solango, Solango und Mpala, Mukwaju und Nyiro, Icholta und Edie sowie Laikipia und Natumi. Laikipia machte sich allerdings bei mehreren Gelegenheiten bei seinen Freunden etwas unbeliebt, denn einmal rotteten sich Tsavo, Lolokwe und Salama zusammen und jagten ihn aus dem Schlammbad – offensichtlich eine Revanche für eine frühere Auseinandersetzung. Ein anderes Mal weigerte er sich, mit den anderen den Kokosnusskuchen zu teilen, so dass Edie, Salama und Loisaba ihn gemeinsam attackierten, um ihm seinen Egoismus auszutreiben.

Im Juli hat es nur einmal ein Zusammentreffen mit wilden Elefanten gegeben. Es war eine Herde von sieben Tieren, und Laikipia und Salama spielten mit einem jungen wilden Bullen. Allerdings zogen sie sich den Zorn der Matriarchin zu, als sie den Kleinen umschubsten.

Einmal nahm Aitong Sally, Irima und Ndara mit und verbrachte den Nachmittag ohne den Rest der Gruppe. Als die anderen aber zu den Stockades, ihren Nachtunterkünften, zurückwanderten, schlossen sie sich ihnen wieder an. Auch Emily entfernte sich einmal mit Ndara von den anderen und machte sich mit ihr einen ruhigen Vormittag. Später am Schlammbad vereinten sie sich dann wieder. Aitong hatte schon immer eine besondere Schwäche für Sally, und Emily für Ndara. Vielleicht sollen diese beiden jungen Weibchen als Kindermädchen für den zukünftigen Nachwuchs von Aitong und Emily herangebildet werden, denn es könnte sein, dass die beiden durch Dika oder einen wilden Bullen geschwängert wurden. Aitong hat sich wieder einmal als Friedensstifterin bewährt, indem sie eine Kabbelei zwischen Natumi und Mvita beendete, genauso Emily, als Salama einen ihrer Favoriten – nämlich Tsavo – umschubste.

Solango zeigte dem kleinen Morani auf “sanfte“ Weise einige Kampftechniken, bis Mpala dazwischen ging und die Sache beendete. Solango und Mpala sind dicke Freunde. Icholta findet, dass Mvita keine geeignete Kampfpartnerin ist, denn bei ihr sind die Stoßzähne unterschiedlich lang.

Mweya ist die frechste von allen Waisen, denn sie führt die anderen gern an der Nase herum. Einmal versteckte sie sich heimlich hinter einem Busch und als die anderen sich näherten, schoss sie hervor, und erschreckte alle so sehr, dass sie in alle Richtungen davon stoben. Mweya hatte sichtlich ein enormes Vergnügen daran. Loisaba spielte Ilingwezi einen Streich, indem sie an einem kühlen Tag einen Rüssel voll kaltes Wasser über die Ahnungslose spritzte, was natürlich nicht besonders gut ankam!

Zwei Buschböcke wurden einmal von den Waisen verjagt, weil Morani sich vor ihnen ängstlich zu Emily geflüchtet hatte, und Mpala, Seraa, Solango und Mweya schlugen vereint zwei Dikdiks in die Flucht; Solango wurde von einem aufdringlichen Madenhacker belästigt, und Thoma und Mweya vertrieben einen Hasen.

Von den Big Boys hat sich in diesem Monat keiner blicken lassen, und offensichtlich sind die meisten der wilden Herden in anderen Gegenden unterwegs. Für die Voi-Waisen war es ein ruhiger und glücklicher Monat, und alle sehen pummelig und zufrieden aus. Für Daphne war es besonders schön zu sehen, dass Mweigas Zustand sich gebessert hat, denn sie ist viel aktiver als gewöhnlich und hat eine bessere Kondition.