Newsletter aus Kenia/die Eli-Waisen im Dezember 2007

Die Nursery-Waisen

Der Dezember war ein friedlicher und glücklicher Monat für die Waisen der Nairobi-Nursery. Die vier kleinen Babies sind inzwischen alle zufrieden, zu guter Letzt auch mit der Aufteilung der Schlafplätze. Dida, Lesanju und Lempaute zusammen untergebracht. Shimba und Sinya schlafen gleich nebenan. Baby Dida, der Liebling der Nursery, macht sich prächtig und beginnt zu spielen, jetzt ,da sie rund um die Uhr in der Nähe von Lesanju und Lempaute sein kann. Sie entwickelt sich zu einem listigen kleinen Charakter – das hat sie sich von Lempaute abgeschaut. Beim Schlammbad erheitert sie alle Besucher, wenn sie auf und ab rennt und ihren Kopf durch die Seile steckt, so dass ihre Ohren wie Platzdecken abstehen. Mit diesem Spektakel zieht sie alle Blicke auf sich, und die Besucher können sich während der Führung nicht einmal mehr auf die Erklärungen konzentrieren!

Lesanju ist und bleibt eine sehr fähige Mini-Matriarchin für die vier kleinsten Elefanten, und von diesen wird sie abgöttisch geliebt. Jetzt, da Sinyas Wunden verheilt sind, entwickelt sie sich mit ihren angeborenen Mutterinstinkten zu einer sehr freundlichen und liebevollen Unterstützung für Leitkuh Lesanju. Lempaute ist und bleibt Lempaute – raffiniert, verspielt und den Kopf jederzeit voller Unfug. Shimba, nunmehr der einzige Bulle der Gruppe, genießt das sichtlich und zeigt seine männliche Unabhängigkeit, indem er an einer anderen Stelle grast als die drei kleinen Kühe. Manchmal fordert er Lesanju zu einem Duell heraus, das er bisher noch nicht gewonnen hat, denn Lempaute eilt stets zur Verstärkung!

Makena, Lenana und Chyulu

Die Baby-Gruppe konnte in diesem Monat viel Zeit mit den drei älteren Elefanten (Makena, Lenana und Chyulu) verbringen. Allerdings mussten diese Treffen von den Keepern abgekürzt werden, weil Rangeleien um Baby Dida die Waisen immer wieder vom Fressen abhielten. Lenana vergöttert Shimba, und ist sofort an seiner Seite, um ihn zu verhätscheln, während sich Makena und Chyulu um Dida streiten, die aber eigentlich lieber bei Lesanju und Lempaute bleibt! Chyulu war besonders hartnäckig, blieb immer wieder zurück, um Dida abzufangen, während Makena und Lenana bereits im Wald grasten. Lenana, Chyulu und Makena sind dann auch die nächsten, die in die Auswilderungsgruppe nach Voi nachrücken werden. Weder Lesanju noch Lempaute wollen ihre Zöglinge teilen, während sich Shimba über jegliche Aufmerksamkeit freut, die ihm zuteil wird! Lenana, die offenbar ziemlich angezogen von der Anwesenheit der Besucher ist, schreitet während des Schlammbades an der Abgrenzung auf und ab, und gestattet den Besuchern sogar sie anzufassen. Das ist sehr erstaunlich, in Anbetracht der Tatsache, dass sie einst als menschenscheuer kleiner Elefant zu uns kam, der sich tagelang hinter ihrem Futter im Stall versteckte. Es zeigt jedoch wieder einmal die versöhnliche Natur dieser bemerkenswerten Tieren, deren Gedächtnis das der Menschen um ein Vielfaches übertrifft.

Makena, Lenana und Chyulu

Am 18. gab es viel Aufsehen, als ein Warzenschwein, dicht gefolgt von einer Löwin, auf die älteren Elefanten zu rannte. Zum Glück waren die Keeper vor Ort, und die Löwin gab die Verfolgung auf. Dem Warzenschwein gelang die Flucht und ließ die Keeper und ihre Zöglinge völlig verängstigt zurück, so dass sie schnell weiter zogen. Andere Schrecksekunden gab es beim Zusammentreffen mit Büffeln im Wald, als die Elefanten alle in verschiedene Richtungen auseinander stoben (genauso wie die Büffel). Lenana rannte bis zurück zu den Stallungen und war noch immer völlig aufgelöst, als es Zeit für das Schlammbad wurde.

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Bei den Besuchern hat sich mittlerweile auch herumgesprochen, dass die zeitweilige Eintrittsgebühr von 40 US-Dollar am Eingangstor vom KWS (Kenya Wildlife Service) auferlegt wurde. Dies und die politischen Unruhen nach den letzten Präsidentschaftswahlen halten viele Besucher derzeit von einem Ausflug ab, und die Tourismusindustrie im Land wird wohl einen derben Schlag erfahren.

Die Ithumba-Waisen

Nach den ersten richtigen Regenfällen im Norden war es ein wunderbarer Monat – mit Wasser und üppiger Vegetation, wohin man nur blickte. Jeder Tag wurde mit ungetrübter Freude begrüßt, und ist ein weiteres-  Abenteuer, das die Freundschaftsbande der Elefanten festigt und ebenso die Fürsorge, mit der die älteren Kühe kompetent auf ihre Jüngsten und die Keeper aufpassen. Ithumba ist nunmehr ein Paradebeispiel für die Zusammenarbeit von Mensch und Elefanten.

Naserian

Deutlich wird dies an der Tatsache, dass sich die Waisen jetzt abends oft in zwei Gruppen aufteilen, so dass die älteren Elefanten unabhängig von den Keepern bis nach Einbruch der Dunkelheit im Busch bleiben, während die Keeper schon vor Dämmerung mit den Jüngeren zurückkehren. Den älteren Elefanten ist bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit, auf wilde Artgenossen zu treffen, größer ist, wenn sie ohne ihre menschliche Familie unterwegs sind. Naserian scheint für die jüngere Gruppe verantwortlich zu sein, und in diesem Monat durften sich auch Kora und Kamboyo profilieren und die Jüngsten von und zum Schlammbad bzw. den Milchtränken führen. Kamboyo und Zurura haben sich erstaunlich gut eingelebt und sind bereits ein Teil der Gruppe geworden.

Loijok spricht mit Zurura

Am Abend des 30. gab es viel Aufregung, als die jüngeren Elefanten auf dem Heimweg waren und vor etwas erschraken, das die Keeper nicht bemerkt hatten. Ol Malo und Rapsu flohen in Richtung Kalovato-Wasserlauf, während die anderen bei ihren Keepern Schutz suchten. Die beiden Ausreißer konnten bis zum Einbruch der Nacht nicht gefunden werden, so dass die Keeper entschieden mit den anderen zu den Ställen zurückzukehren, wo sich Yatta bereits mit ihrer kleinen Gruppe aufhielt – mit allen außer Sunyei! Jetzt fehlten also drei Waisen der Ithumba-Gruppe – Rapsu, Ol Malo und Sunyei, die vorher in Yattas Gruppe waren. Als sie auch bis 19.30 Uhr noch nicht aufgetaucht waren, öffneten die Keeper die Stalltüren und ließen Yatta hinaus, die sie weiter suchen sollte. In Begleitung von Nasalot und Buchuma machte sie sich sofort auf den Weg. Nur 30 Minuten später kehrten Yatta und Nasalot zurück – jedoch ohne Buchuma, so dass den Keepern jetzt vier ihrer Schützlinge fehlten! Um 20.30 Uhr tauchte Buchuma auf, und im Schlepptau führte sie die anderen drei Vermissten Rapsu, Ol Malo und Sunyei. Wie die Keeper sagten, wurden sie mit „tosendem Applaus“ empfangen, denn vor allem Yatta, Nasalot, Mulika und Kinna waren überglücklich ihre Familie wieder vereint zu sehen! Am Abend nach der Schreckensnacht, kehrte die ganze Gruppe besonders früh ins Nachtlager zurück! Es bleibt ungeklärt, was Yatta dazu veranlasste, die Suche Buchuma zu überlassen und wie der Sunyei fand, die nicht mit Rapsu und Ol Malo zusammen war, – besonders wenn man bedenkt, dass Elefanten nachts ähnlich schlecht sehen wie wir Menschen. Es kann jedoch auch gut sein, dass Sunyei die beiden bereits vorher selbst aufgespürt hatte.

Die Voi-Waisen

Mweigas Tod am Abend des 22. Dezembers berührte uns alle, besonders jedoch die Keeper und Elefanten in Voi. Sie wurde von allen sehr geschätzt und geliebt. Auf dem Rückweg zu den Stallungen, mit ihrem treuen Freund Burra an der Seite, brach sie plötzlich zusammen, obwohl sie den ganzen Tag keine Anzeichen von Schwäche gezeigt hatte. Sie verlebte einen schönen Tag mit viel frischem Futter und Wasser, wovon in dieser Jahreszeit überall genug zu finden ist. Obwohl sich ihr Zustand nach fortschreitender Behandlung zu bessern schien, erlag ihr defektes Herz offenbar der Anstrengung ständig Blut in ihren großen Körper zu pumpen. Mweiga wurde 10 Jahre alt, und es waren zehn gute und sehr glückliche Jahre, die ihr – und uns – unter anderen Umständen nicht vergönnt gewesen wären. Überdies ist sie schnell und offenbar ohne Schmerzen gestorben, bis zuletzt überschüttet mit Liebe und Fürsorge. Sie war in ihrem Leben nie allein, obwohl all ihre Elefantenfreunde mittlerweile in Freiheit leben konnten und nicht länger auf die Menschen angewiesen waren. Sie waren es auch, die freiwillig und selbständig organisierten, dass jederzeit von einem oder mehreren der Gruppe begleitet wurde, sowohl tagsüber als auch nachts in den Stallungen. Sie war der Kontakt zur Basis, und dank ihr lernten wir so viel über die Fürsorge und das Mitgefühl der Elefanten. Das alles wäre uns verwehrt geblieben, hätten ihre Freunde sie nicht täglich betreut. Ruhe in Frieden, geliebte Mweiga. Du wirst für immer in den Herzen derer weiter leben, die Dich kannten.

Mweiga

Burra war vom 1.-11. Dezember für Mweiga zuständig. Danach übernahmen Seraa und Thoma, die vom 14.-19. zusätzlich von Icholta unterstützt wurden. Icholta schlief zwar nicht immer mit in den Stallungen, tauchte dann jedoch immer früh am Morgen auf, um die anderen in den Busch zu begleiten. Am 20. tauchte Natumis ganze Gruppe auf, und Burra übernahm erneut die Verantwortung für Mweiga. An diesem Tag erschienen 15 Löwen und musterten die jungen Elefanten. Sie verschwanden jedoch, sobald sie die Menschen an ihrer Seite bemerkten.

Natumis Gruppe war häufig zu Besuch. Sie kamen am 2. und verbrachten einen wundervollen Tag zusammen mit Mweiga und Burra. Auch am folgenden Morgen tauchten sie sehr früh auf; jedoch waren Burra und Mweiga zu dieser Zeit schon auf dem Weg zum Fressplatz, so dass sie sich knapp verpassten. Burra und Mweiga trafen an diesem Tag auf zwei wilde Elefantenkühe, und die Keeper berichteten, dass Mweiga sehr glücklich war, von diesen beiden wilden Erwachsenen begrüßt zu werden. Burra stellte sie vor, indem er seinen Rüssel zur Begrüßung ausstreckte und den ersten Kontakt aufbaute, bevor er Mweiga hinzu holte. Natumis Gruppe wurde danach bis zum 10., als sie Seraa und Thoma zur Ablösung brachten, nicht mehr gesehen. Nachdem Icholta am 14. noch hinzu stieß, war Mweiga bis zum 20., dem Tag, als die Löwen auftauchten, in Begleitung von Thoma, Seraa (die ohne ihren linken Stoßzahn und nur noch 30 cm ihres rechten auftauchte) und Icholta. Just an diesem letzten Tag tauchte Natumi mit dem Rest ihrer Gruppe auf, und Burra löste Icholta, Seraa und Thoma wieder ab. Burra und die Keeper waren auch bei ihr, als sie am 22. zusammensackte und starb. Er war am Boden zerstört und kehrte mit den weinenden Keepern zu den Stallungen zurück. Jedoch weigerte er sich hineinzugehen und begab sich stattdessen in die Richtung, die Natumi eingeschlagen hatte. Später erreichte er auch die Gruppe, und seitdem sind weder er noch die anderen zu den Stallungen zurückgekommen. Stattdessen schlossen sie sich Emily an und bilden jetzt eine große Gruppe mit all unseren Waisen – Beweis genug, dass die Waisen vorher nur zurückgekehrt waren, um mit Mweiga zusammen zu sein und nicht aus Abhängigkeit zu ihrer menschlichen Familie.

Natumi mit ihrer Gruppe auf dem Weg zum Wasserloch

Die Voi-Stallungen sind jetzt sehr still und unheimlich leer. Nur Serena, das kleine Zebrafohlen, ist noch da und wird von den Keepern begleitet. Diese bleiben trotzdem vor Ort, für den Fall, dass einer ihrer früheren Schützlinge ihrer Hilfe bedarf. Und wenn die Trockenzeit wieder anbricht und mit ihr die Hungerzeit, dann werden wir sie ohne Zweifel wieder öfter zu Gesicht bekommen, denn sie wissen genau, dass die Snacks mit Kokos-Kopra ihnen bis zur nächsten Regenzeit verhelfen werden.

Mweiga wurde am nächsten Tag, dem 23. Dezember, begraben, und ihre menschliche Familie vergoss viele Tränen. Wahrscheinlich trauerten ihre Elefantenfreunde ebenso, als sie die Nachricht von Burra erhielten – wenn sie nicht schon vorher via Telepathie davon wussten. Sie werden froh gewesen sein, noch kurz vor ihrem plötzlichen Tod ein paar Tage mit ihr verbracht zu haben, und es ist bezeichnend, dass bisher keiner von ihnen zu den Stallungen zurückkam. Stattdessen fühlen sie sich alle wohl in Emilys Gruppe – ganz wie früher, eine Herde mit 24 Elefantenwaisen aus fast jeder Population in Kenia plus einer kleinen Auswärtigen aus dem benachbarten Uganda namens Mweya.