Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Oktober 2004

Die Nursery-Elefanten

Wenn die Waisen morgens in den Busch ziehen, dann meiden sie die wilden Büffel, die sie oft auf ihrem Weg antreffen. Einmal trafen sie auf eine Gruppe von Löwen und auch vorbei galoppierende Antilopen, Giraffen und Zebras lösten bei ihnen ängstliches Gebrüll aus. Eines ihrer täglichen Lieblingsspiele ist es, Warzenschwein-Babys zu jagen, deren Mütter sich gern in der Nähe der Elefanten und ihrer menschlichen Betreuer aufhalten, weil sie sich dort vor Raubtieren sicher fühlen. Madiba und Ndomot liefern sich jeden Tag Rangeleien, um ihre Kräfte zu messen. Mit großer Freude haben wir beobachtet, dass Naserian sanfter im Umgang geworden ist, denn am Anfang war sie recht aggressiv, was sicher daher rührte, dass sie als Waise von den wilden Herden in Samburu abgewiesen worden war. Ihre anfängliche Grobheit gegen alle, die sich ihr näherten, war sicher nur Selbstschutz. Inzwischen ist sie ein freundlicher und liebevoller kleiner Elefant.

Der kleine Buchuma brauchte in diesem Monat die meiste Aufmerksamkeit und Zuwendung, denn bei seiner Rettung aus einem Mannloch an der Mombasa-Pipeline hatte er sich schlimme Wunden zugezogen, die eine langwierige Behandlung erforderten. Der Heilungsprozess geht gut voran, aber es war für ihn und auch für die Keeper eine harte Zeit, denn sie mussten ständig darauf achten, dass die Wunden nicht mit Staub oder Schlamm in Berührung kamen.

Galana hat sich bemerkenswert gut erholt und ist heute ein Wonneproppen von 15 Monaten. Da sie bei ihrer Ankunft stark unterernährt war, hat sie auch jetzt immer nur eines im Sinn: die nächste Milchfütterung! Zum Glück gibt es in diesem Monat nur Positives über unsere Nursery-Herde zu berichten. Alle gedeihen prächtig und toben herum und balgen sich, wie es alle Kleinkinder tun. Ihr Lieblingsspielzeug ist zurzeit der Schlauch eines Traktorreifens, auf dem sie im Schlammbad herumspringen können. Dabei veranstalten sie für ihr menschliches Publikum eine temperamentvolle Show.

Die Ithumba-Waisen

Alle kleinen Bullen rivalisieren untereinander und so genießen Napasha, Tomboi und Taita ihre männlichen Raufereien. Dann muss meistens eines der älteren Weibchen – Mulika, Nasalot oder Yatta – einschreiten und den Frieden wieder herstellen.

Es gab wieder Begegnungen mit Warzenschweinen und die üblichen Zwischenfälle mit Pavianen. Der Alarmschrei eines Dikdiks in der Nacht erschreckte die Waisen ziemlich, was nach dem schrecklichen Hunde-Erlebnis nicht verwundert, denn das wird den Ithumba-Elefanten noch lange im Gedächtnis bleiben.

Ein einsamer wilder Elefant, den sie in einiger Entfernung ausmachten, war für die Gruppe sehr aufregend, denn sie dachten, es könnte Imenti sein. Doch als die Waisen und die Keeper sich ihm langsam näherten, floh er. Es war also offensichtlich doch nicht Imenti. Dies war die einzige Begegnung, ansonsten trafen sie nur auf die Spuren wilder Elefanten. Am 18. Oktober kam Daphne Sheldrick mit ein paar Freunden nach Ithumba. Für Wendi war das eine tolle Gelegenheit, sich temperamentvoll und angeberisch vor den Gästen zu präsentieren, so wie sie es in der Nairobi Nursery auch immer getan hatte. Alle Waisen waren entzückt, wieder einmal ein Publikum zu haben und mischten sich begeistert unter die Gäste.

Alle Waisen sehen proper aus und gedeihen gut bei dem reichen Futterangebot, das hier im Norden üppiger ausfällt.

Die Waisen in Voi

In Voi brachte der Beginn des Monats für uns große Traurigkeit, denn das erst kürzlich gerettete Elefanten-Mädchen Sagalla erlag plötzlich einer Lungenentzündung. Sie starb am 5. Oktober buchstäblich in den Armen ihres Keepers, der ihr beistehen wollte. Für uns kam es überraschend, denn wir hatten Sagalla bei ihrer Rettung mit Antibiotika behandelt und sie hatte sich in Mweigas Gesellschaft gut eingelebt und erholt, und ihre Milchflasche leerte sie immer gierig. Da sie ebenso wie Galana, die wir aus einem fast hoffnungslosen Zustand aufgepäppelt hatten, sehr an Unterernährung litt, hatten wir berechtigte Hoffnung, dass auch Sagalla sich vollständig erholen würde. Aber eine Lungenentzündung bei Elefanten ist tückisch, und hier war das Schicksal gegen uns.

Mitte Oktober beginnen in Tsavo normalerweise die Hauptregenfälle, aber bis jetzt hatten wir nur ein paar kleine Schauer und einen heftigen Platzregen, so dass hier und da etwas Grün sprießen konnte. Die lange, heiße Trockenzeit in Tsavo ist jedes Mal wieder eine Herausforderung für alle Elefanten, die auf große Mengen Grünfutter und verschiedenste Pflanzenarten angewiesen sind, denn sie scheiden 6 % des pflanzlichen Proteins mit ihrem Dung wieder aus. Die Waisen sind auch diesmal wieder sehr gut mit der Trockenzeit zurecht gekommen und befinden sich in guter Verfassung. Besonders freut es uns, dass Mweiga viel kräftiger geworden ist.

Wieder einmal zeigte sich die große Zuneigung, die Sweet Sally für Aitong empfindet. Die beiden hatten beschlossen, eine Nacht draußen zu verbringen, vermutlich bei Lissas Gruppe, die hinter den Stockades beim Grasen gesehen worden war. Bei Tagesanbruch kehrten sie aber zu den anderen Waisen zurück. Indem sie einige Stützpfosten ihres Geheges einfach umriss, bekundete Emily nachdrücklich, dass auch sie nachts lieber draußen sein wollte. Und so ließ man Emily und Aitong in der folgenden Nacht im Freien. Allerdings war Sweet Sally über Aitongs Abwesenheit in der Nacht so unglücklich, dass die Keeper beschlossen Aitong zurückzuholen. In der nächsten Nacht durfte dann auch Sally gemeinsam mit Emily und Aitong nach draußen, und alle waren zufrieden. Sally stolzierte glücklich und stolz mit schwingendem Rüssel vor den anderen, die drinnen bleiben mussten, auf und ab. Dann stellte sie sich zu Aitong und presste ihren Kopf als Zeichen der Liebe und Verbundenheit gegen Aitongs Kopf. Wenn man Zeuge einer so starken Gefühlsäußerung wird, dann kann man die tiefe Trauer einer Waise besser verstehen, die ihre natürliche Elefanten-Familie verloren hat.

In der dritten Nacht beschlossen wir, auch Loisaba als Gesellschaft für Emily nach draußen zu lassen. Aber Loisaba wollte nicht und kam zurück, als die anderen drei sich zur Futtersuche aufmachten. Nun war aber Natumi offensichtlich tief beleidigt darüber, dass sie nicht für diese Auszeichnung auserwählt worden war! Natumi, Loisaba, Tsavo und Ndara sind die Jüngsten, die Emily sehr nahe stehen, und am nächsten Morgen wunderten sich die Keeper, dass Natumi offenbar Emilys besondere Aufmerksamkeit beanspruchte, denn sie weigerte sich, herauszukommen, als Emily am Eingang ihre Gruppe begrüßte und zum Morgenspaziergang mit ihnen aufbrechen wollte. Erst als Emily hinein ging, um Natumi zu holen, folgte diese ihr.

Zwischen Mweiga und Morani gab es einmal einen anrührenden Vorfall: Als Mweiga sich im Schlammbad auf Morani setzte und dieser unter ihrem schweren Gewicht um Hilfe brüllte, da ließ Mweiga sofort von ihm ab und entschuldigte sich bei ihm, indem sie mit dem Rüssel sein Maul berührte, was ein Zeichen für Liebe und Freundschaft ist. Dann geleitete sie ihn zurück ins Schlammbad und spielte etwas sanfter mit ihm. Die Fürsorge füreinander zeigte sich wiederholt, z.B. wenn eine der Waisen auf dem Weg zurückbleibt und brüllt, dann kommen sofort andere, um den Nachzügler zu holen, wobei sie ihn Rüssel schwingend zurück zur Herde eskortieren.

Lissa und ihre Familie waren wieder in der Gegend. Sie kamen zu den Stockades, um zu trinken, und blieben eine Weile, um jeden einzelnen Eli zu begrüßen, bevor sie wieder fortzogen. Einmal gesellten sich die Waisen zu der wilden Herde, die von der Matriarchin Naomi angeführt wird. Naomi und Emily sind dicke Freundinnen. Beide standen für lange Zeit still beisammen, die Köpfe als Ausdruck der Zuneigung aneinander gedrückt, möglicherweise (wie die Keeper vermuten), um sich über ihre Familien und die Trockenzeit auszutauschen. Währenddessen spielten Seraa, Laikipia, Mweya und Salama mit ihren wilden Altersgenossen. Bei einer anderen Begegnung mit wilden Elefanten erregte ein winziges Baby die Aufmerksamkeit von Aitong, Sally und Thoma, während Emily, Natumi, Edie und Ilingwezi sich mit ihren gleichaltrigen wilden Freunden balgten.

Die jungen Bullen bilden gern Cliquen und Burra, Mpala, Solango und den kleinen Morani verbindet eine starke Freundschaft, während es bei Nyiro und Tsavo Rivalitäten gibt. Die älteren Bullen Salama, Laikipia und Lolokwe übernehmen schon mehr Beschützer-Rollen und disziplinieren die Jüngeren, die die Grenze akzeptablen Benehmens überschreiten. Lolokwe bekam Probleme, als er sich uneingeladen in einer Mulde wälzen wollte, die Solango und Salama sich mühsam durch Auflockern der Erde gegraben hatten. Die beiden setzten sich auf ihn und drückten ihn zu Boden, bis Aitong durch sein Gebrüll alarmiert wurde und ihn befreite!

Großen Spaß haben die Waisen auch immer wieder beim Jagen anderer Tiere, so verscheuchten sie zum Beispiel ein Eichhörnchen, das zwischen Mweigas Beine rannte und sie erschreckte. Auch Kudus und Impala-Antilopen wurden wieder verjagt, und wenn die Elis sich als Sieger sehen, dann kehren sie jedes Mal stolz Rüssel schwingend zu den anderen zurück. Emily vertrieb einmal mit Unterstützung aller Waisen zwei alte Büffelbullen, die auf ihrem Weg standen, und Irima und Thoma, die – ihre Unabhängigkeit demonstrierend – abseits von den anderen an einem Busch knabberten, erschreckten sich zu Tode, als ein Hase aus dem Gebüsch hervorschoss, was ihren Unabhängigkeitsdrang doch empfindlich dämpfte. Einmal reihten sich Mweiga, Burra, Solango und Morani am Schlammbad wie Soldaten auf, um einen Gemeinschaftsangriff auf einige Paviane zu starten, die gerade trinken wollten.

Zwei Antilopen, die in der Nähe unter einem schattigen Baum ruhten, wurden von allen Waisen heftig ignoriert. Erst als sie sich erhoben und weggingen, fanden die Waisen den Mut, sie anzugreifen!

* Wir bitten um Verständnis, dass wir Patenschaften erst dann vergeben können, wenn wir die betreffenden Waisen-Elefanten in Kenia besucht und fotografiert haben.