Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Oktober 2005

Die Waisen in Voi

Es ist ein aufregender Monat gewesen: Emily hat die Waisen fast täglich besucht ( Natumi gibt dann ihren Status als Matriarchin sofort auf) und Zeit mit ihnen beim Schlammbaden verbracht hat, bevor sie sich mit Aitong und Sweet Sally auf den Rückweg zu den Stockades gemacht hat, um noch ein bißchen Kopra (den heiß begehrten Kokoskuchen) und Kleie zu naschen. Diese Nahrungsergänzung hat definitiv zu einer Verbesserung von Emilys und Aitongs Zustand geführt. Es war eine extreme, sehr trockene Jahreszeit in Tsavo . Während der Hauptregen in Tsavo normalerweise Mitte Oktober einsetzt, kam bis Ende des Monats nur ganz wenig Nieselregen.

Mweya zwang mit ihrem Rüsseleine Antilope, die am Schlammbad trinken wollte, zu einem eiligen Rückzug. Normalerweise sind die Elefanten toleranter, wenn sie auf Antilopen, Impalas und Wasserböcke treffen. Irgendwas schien Mweya wohl nicht zu gefallen… Die Waisen haben auch wieder viel Zeit mit wilden Elefanten verbracht, wobei es Laikipia und Salama jedes Mal genießen, wild zu toben. Sosian und Mweya bleiben als zuverlässige und beste Freunde immer in der Nähe der schwachen Mweiga, die sie immer wieder zart mit ihren Rüsseln berühren.

Aufregend war auch der kurze Besuch des 18 Jahre alten Dika mit seinen beträchtlichen, fast prunkvollen Stoßzähnen (früher eine Nursery-Waise, jetzt in Tsavo einer unserer ausgewilderten großen Bullen). So imposant wie er heute aussieht, sahen die Waisen wegen seiner ehrfürchtigen Anwesenheit zunächst ein wenig eingeschüchtert aus. Aber natürlich berührte Dika jeden einzelnen behutsam mit seinem Rüssel, als wolle er sagen „ich bin’s doch…“, bevor er seine Reise fortsetzte. Mukwaju und Morani wollten scheinbar mit ihm gehen, aber nach einer Weile sind sie dann doch zurückgekommen zu ihren Kumpels. Der Besuch voneinem unserer „Big Boys“ ist immer ein sehr toller Moment, und es wird wieder bestätigt: „Elefanten vergessen nie!“

Die Ithumba-Waisen

Wie üblich war Napasha in Schwierigkeiten als er Yattas Liebling Ol Malo schikanierte. Als er versuchte, Ol Malo zu besteigen, bekam er von Yatta einen kräftigen Schubs. Am nächsten Morgen humpelte Napasha , aber Mulika und Nasalot blieben dicht bei ihm, um ihn zu trösten. Behutsam berührten sie mit ihren Rüsseln sein verletztes Bein. Die Keeper behandelten ihn mit Tiefenwärme, und einige Tage später war er wieder ganz der alte und zu sämtlichen Streichen aufgelegt!

In diesem Monat war es mal sehr heiß, was Ndomot, Sunyei und Madiba dazu veranlasste, Reservewasser aus ihren Mägen zu pumpen, um sich zu kühlen. Dann kam eine kalte Periode mit sporadischen, kurzen Schauern, aber auch mit schweren Regenstürmen. Die Waisen haben natürlich liebend gern in den Pfützen getobt, rollten sich in der feuchten Erde. Galana ist jetzt auch glücklich in ihrem neuen Zuhause, und die „Ithumba 10“ sind eine glückliche und eng verbundene Einheit. Das einzige, was jetzt noch fehlt, ist der Kontakt zu wilden Elefanten, die in diesem lange gesperrten Gebiet die Anwesenheit der Keeper einfach nicht gewöhnt sind.

Yatta führte die Gruppe an einer Spur entlang, die in der vorigen Nacht von einem wilden Elefanten hinterlassen wurde, aber er ließ sich nicht blicken. Ndomot und Madiba sind eng befreundet, Ndomot ist auch Galanas bester Freund. Sunyei und Wendi sind sich wieder so nahe wie zu ihrer gemeinsamen Zeit in der Nursery, und Taita und Tomboi sind in die Freundschaft eingebunden, obwohl sie als kleine Jungs auch miteinander konkurrieren. Es ist ermutigend, dass Ndomot beginnt, sie herauszufordern. Selengai genießt noch immer den privilegierten Status, Mulikas Liebling zu sein. Natürlich sind auch Ol Malo und Yatta unzertrennlich. Wehe dem, der Ol Malo stört, die Napasha unwiderstehlich findet. Taita hat sich selber bestraft – weil er Ol Malo rund um einen Baum jagte und versuchte, sie zu besteigen, ließ ihn Yatta links liegen.

Die Nursery-Waisen

Duch zwei Neuankömmlinge tollen in der Nursery nun acht Waisen herum. Der erste wurde Ndololo getauft. So heißt der Punkt am Voi River im Tsavo-Ost Nationalpark, wo er von Besuchern gefunden wurde. Das kleine, männliche Eli-Baby (ca. einen Monat alt) wurde mit einer erwachsenen Kuh an seiner Seite in sehr schlechtem Zustand gesichtet. Jedes Mal, wenn Ndololo fiel, versuchte die Kuh, ihn anzuheben. Als die Retter ankamen, war die Kuh offensichtlich schon dabei, das Baby zu begraben, da sie wohl alle Hoffnung aufgegeben hatte. Sie bedeckte ihn mit Blättern und Staub. Er war sehr stark ausgetrocknet, so dass sich die Frage stellt, ob die Kuh, die bei ihm war, wirklich seine Mutter war oder ein Familienmitglied, das versuchte, den Kleinen vor dem Verhungern zu rretten. Überraschenderweise blieb sie ganz ruhig stehen, während die Keeper das Kalb auf die Ladefläche des Pickups hoben – sie schien zu verstehen, dass es die letzte Chance war, sein Leben zu retten. Vielleicht war sie Mitglied einer Herde, die mit den Waisen vertraut war und wusste, dass die Menschen „eli-freundlich“ sind – wiederum ein Zeugnis für die Fähigkeit der Kommunikation zwischen den Elefanten. Das Baby war bewusstlos, als es in den Voi Stockades ankam, aber Rehydrierung und ein wenig Milch belebten es wieder, so dass es nach einer Nacht in Voi am nächsten Morgen zur Nursery nach Nairobi geflogen wurde.

Ndololo kam in sehr schlechtem Zustand an. Hinzu kam, dass er auf beiden Augen blind ist, aber Ndololo ist ein kleine Kämpfernatur, und mit jedem Tag zeigte er uns unglaubliche Sensitivität und die geheimnisvollen Fähigkeiten von Blinden – so sehr reagiert er mit Zuneigung und Vertrauen auf die Keeper. Jeden Morgen macht er einen kurzen Spaziergang mit den Keepern und wird oft von Makena und Zurura, einem anderen kleinen, sechs Wochen alten Neuankömmling begleitet. .Dieses neue Baby kam in einem augezeichnetem Zustand und ohne offensichtliche Verletzungen an, nachdem er aus einer rubinroten Mine zwischen Tsavo-West und -Ost gerettet wurde

Alles Mögliche wird getan, um das Sehvermögen des kleinen Ndololo wiederherzustellen. Der Augenchirug besucht ihn einmal pro Woche wie auch unser Tierarzt. Seiine Augen werden im Abstand von zwei Stunden Tag und Nacht mit einem Kortison-Medikament behandelt – eine Spende der Firma Alcon Pharma in Freiburg, die den Waisen schon häufig mit äußerst wirksamen Augensalben geholfen hat. Wir drücken unsere Damen für dieses sehr kleine Elefantenbaby!

Der kleine Zurura ist ein anderes, extrem tapferes Baby. Er hat nicht mal nicht protestiert, als er ins Auto und ins Flugzeug geladen wurde, und war so furchtlos, dass er wenige Stunden nach seiner Ankunft nach draussen zu den anderen Elefanten durfte. Sofort peilte er Naserian an, die ja die Mutterfigur der kleinen Makena ist, die, obwohl ca. drei Monate alt , noch weitaus kleiner in der Statur als Zurura und Ndololo ist.

Makena ist im wahrsten Sinne des Wortes Naserians „Baby“. Immer wieder versucht sie, an die kleinen Brustwarzen von Naserian heranzukommen, während Naserian ein Bein vorwärts setzt, wie es eben eine richtige Mutter auch tun würde. Lualeni würde auch liebend gern eine Mutterrolle für Makena übernehmen, aber Naserian ist zu besessen von ihrem neuen Baby, um es zu teilen. Zurura würde sich gern Naserian zuwenden, aber wird von beiden, Naserian als auch Makena, abgewiesen. Also muss er sich mit Lualeni zufriedengeben, die ihn nur allzu gern übernimmt.

Mittlerweile ist Rapsu fast so groß wie Buchuma und hält ihn ordentlich in Schach. Aber Buchuma ist ein sehr mutiges, kleines Mitglied der Gruppe – der einzige, die sich Eindringlingen wie Giraffen und Pavianen stellt und sie fortjagt, während all seine Kumpels davonlaufen. Das hat ihn bei den Keepern sehr beliebt gemacht, die stolz sagen, dass er „ein echter Bulle ist“!

Kora und Lualeni sind unzertrennlich, verbringen die Zeit so nah beieinander als wären sie Zwillinge. Naserian rügt Buchuma, wann immer er versucht, seine Stärke gegen Kora zu prüfen und trennt die zwei. Das enttäuscht Kora, der sich eifrig und gern der Herausforderung gestellt hätte.