Amboseli News: Dezember 2023 und Januar 2024

Dezember 2023 und Januar 2024 waren für alle in Amboseli eine glückliche Zeit. Dank äußerst reicher Regenfälle hatten die Elefanten geradezu ein Überangebot an frischer, grüner Vegetation. Im Dezember wurden 47,5 mm und im Januar beeindruckende 261 mm Niederschlag gemessen. Damit lagen diese zwei Monate bereits weit über dem Jahresdurchschnitt. Der Park und die umliegende Landschaft waren wie verwandelt, und die Elefanten konnten die guten Zeiten genießen. Viele von ihnen versammelten sich in den offenen Grasebenen, die den Park umschließen. Manchmal waren Hunderte von Elefanten zusammen! Dank des reichen Nahrungsangebots erholten sie sich schnell, und die meisten von ihnen befanden sich bereits Ende Januar wieder in bester körperlicher Verfassung.

Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass viele Kühe in den Östrus kamen. Allegra, die siebenjährige Tochter von Abra aus der AA-Familie, war im Dezember zum ersten Mal bereit für eine Paarung. Das ist ein sehr junges Alter für eine Elefantenkuh, und es bedeutet, dass Allegra, wenn sie tatsächlich schwanger wird, im Alter von nur  neun Jahren ihr erstes Kalb bekommt. Die Forscherinnen des Amboseli Trust for Elephants (ATE) haben in der Vergangenheit bereits neunjährige Mütter gesehen, aber trotzdem kommt es nur extrem selten vor. Die meisten Elefantenkühe bekommen ihr erstes Kalb mit zehn bis zwölf Jahren. Das ATE-Team hat allerdings nicht gesehen, ob Allegra sich tatsächlich mit einem Bullen paarte. Eine Schwangerschaft wird daher erst sicher sein, wenn Allegras Brüste anschwellen.

 

Angelina und ihre Familie mit dem neuen Baby
Angelina und ihre Familie mit dem neuen Baby

Während einige Kühe auf der Suche nach potenziellen Paarungspartnern waren, brachten andere bereits neues Leben zur Welt. Auch in der AA-Familie gab es Nachwuchs. Am 28. Dezember entdeckte Katito vom ATE-Team Angelina mit einem neuen Baby! Es war ein Junge und erst wenige Stunden alt war. Angelinas Sohn sah sehr kräftig und gesund aus, und seine ältere Schwester war absolut fasziniert und begeistert von ihrem neuen Geschwisterchen. Die meisten werden sich daran erinnern, dass Angelina im Jahr 2020 Zwillinge geboren hatte, aber dann verlor sie das männliche Kalb. Dessen Zwillingsschwester bekam nun einen neuen Bruder, und alle hoffen, dass er weiter wächst und gedeiht. Da Angelinas Tochter jetzt vier Jahre alt ist, hat sie einen Namen erhalten: Avocet. ATE benennt neue Kälber alle vier Jahre und vergibt die Namen nach Themen, wobei der Name immer mit dem Buchstaben beginnen muss, nach dem die Familie benannt ist. Die verschiedenen Themen helfen später dabei, sich an das Geburtsjahr eines Elefanten zu erinnern. Die Kälber, die 2020 geboren wurden, hatten das Thema „Vögel“ und sie erhielten alle Namen, die mit Vogelarten verbunden sind. Ein Avocet oder Säbelschnäbler ist ein Wasservogel mit einem schlanken, nach oben gerichteten Schnabel . Der Name ist daher nicht unpassend für ein Kalb aus der AA-Familie, die sich häufig in den Sümpfen aufhält, wo es viele Wasservögel gibt.

Avocet war sehr aufgeregt, ein jüngeres Geschwisterchen zu haben, zeigte großes Interesse an ihm und war bereits ein wunderbares Kindermädchen. Nach den vielen Entbehrungen, die die Elefanten in den letzten Jahren erdulden mussten, ist es so schön zu sehen, wie sich die Situation zum Besseren gewendet hat und das Leben wieder aufblüht. Das ist eine deutliche Erinnerung daran, dass es in der Natur verschiedene, immer wiederkehrende Zyklen gibt.

 

Angelina und ihr neues Baby
Angelina und ihr neues Baby, nur wenige Stunden nach der Geburt

Auch der Mensch trägt mit Sicherheit dazu bei, dass sich natürliche Systeme verändern. Doch es kann viel getan werden, um den Fortbestand von Ökosystemen und die Zukunft von Menschen und Tieren zu sichern.  Das ATE-Team setzt sich in Amboseli dafür ein, dass es so bleibt.

Die EBs zeigten ein etwas überraschendes Verhalten, indem sie sich trotz des guten Nahrungsangebots in kleinere Gruppen aufteilten. Den gesamten Dezember und Januar konnte das ATE-Team nur Eliot, Ebony und Eleanor mit ihren Kälbern sehen. Der Rest der EB-Familie wurde nicht entdeckt. Es ist nicht das erste Mal, dass die EB-Familie dem Park fernbleibt, und man kann nur hoffen, dass sie in den kommenden Monaten wieder zurückkehren. Wilde Elefanten können frei entscheiden, wann sie wohin gehen, und die Überwachung der Amboseli-Population erfordert viel Geduld. Das ist eine Eigenschaft, die sich das ATE-Team im Laufe der Jahre angeeignet hat. Den Elefanten zu erlauben, ihr Leben selbst zu bestimmen, und dabei von ihnen zu lernen, ist für das Team ein echtes Privileg.

Unter diesen Umständen ist es nicht ungewöhnlich, dass manche Familien oder Familienzweige nur selten zu sehen waren, wie Petulas Gruppe von den PCs oder die OAs mit Onyx, Omo River und Oralee mit ihren Kälbern. Manche Familien wurden überhaupt nicht gesichtet. Sie waren offenbar die gesamte Zeit außerhalb des Parks unterwegs  – möglicherweise in Gesellschaft hunderter anderer Elefanten. Sicher genossen sie das üppige Nahrungsangebot und das Zusammensein mit befreundeten Familien und Bullen. Zu ihnen gehörten die FBs und Placidas Gruppe von den PCs.

Townsend, ein Bulle aus Amboseli
Townsend, ein Bulle aus Amboseli

Andere Familien konnten dagegen sehr häufig entdeckt werden. Neben den schon erwähnten AAs waren dies vor allem die GBs. Oft befanden sie sich inmitten großer Elefantenherden.  Und auch bei ihnen gab es Nachwuchs: Glaze brachte Ende Dezember ein weibliches Kalb zur Welt. Es ist ihr erstes Baby und sah sehr kräftig aus. Glaze kümmerte sich vorbildlich um ihre Tochter. Generell war es ein guter Zeitpunkt für die Geburt junger Kälber. Die Milchproduktion kann für die Mütter sehr anstrengend sein, vor allem wenn sie, wie Glaze, noch nicht ganz ausgewachsen sind und selbst noch viel Energie benötigen. Doch bei der jetzt vorhandenen reichhaltigen und nahrhaften Vegetation haben Elefantenkühe die bestmöglichen Chancen genug Milch für ihre Kälber zu produzieren. Das bedeutet optimale Bedingungen für Glazes Baby.

Eine weitere gute Nachricht ist, dass Golda im Dezember im Östrus war und von Tor bewacht wurde, der sich zu dieser Zeit in der Musth befand. Tor ist ein 34 Jahre alter Bulle aus der TA-Familie. Das ATE-Team hat die beiden nicht bei der Paarung beobachtet, doch das Bewachen ist oft ein Zeichen dafür, dass die Paarung entweder bereits stattgefunden hat oder demnächst stattfinden wird. Golda ist jetzt 50 Jahre alt, und es ist beeindruckend, dass sie immer noch  sexuell aktiv ist. Cynthia Moss und ihr Team hoffen, dass sie noch weitere Kälber bekommen wird, bevor sie in die späten 50-er Jahre kommt. Ab diesem Alter gehen die Fortpflanzungsaktivitäten bei Elefantenkühen deutlich zurück, auch wenn sie noch nicht vollständig enden. Es wäre wundervoll, wenn Golda in ihrem fünften Lebensjahrzehnt noch mindestens ein weiteres Kalb bekäme, da sie eine wunderbare Mutter und großartige Matriarchin ist.

Ein Teil der GB-Familie vor der Kulisse des Kilimanjaro
Ein Teil der GB-Familie vor der Kulisse des Kilimanjaro

Leider wurden diese guten Zeiten von einer erschreckenden Nachricht überschattet. Viele Elefanten aus Amboseli wandern im Laufe eines Jahres regelmäßig in das benachbarte Tansania. Dort sind sie seit kurzem einer neuen/alten Gefahr ausgesetzt: Trophäenjagd. Während diese in Kenia seit Jahrzehnten verboten ist, kann sie in Tansania noch immer stattfinden. Seit 1995 galt allerdings zumindest im nördlichen Landesteil ein Moratorium für die Jagd auf Elefanten. Das sollte besonders die Amboseli-Elefanten schützen, welche mit dem ATE-Projekt nicht nur Thema der weltweit ältesten Studie wildlebender Elefanten sind, sondern zu denen auch einige der letzten Super-Tusker Afrikas gehören. Seit September 2023 wurde das Jagdverbot aber aufgehoben. Und das erste Opfer war Gilgil, ein Sohn von Golda. Inzwischen sind bereits zwei weitere Bullen getötet worden, und mehr sollen nach dem Willen der tansanischen Regierung folgen. Der Amboseli Trust for Elephants hat zusammen mit ElephantVoices und der Big Life Foundation einen Appell an die tansanische und kenianische Regierung gerichtet mit der Forderung,  gemeinsam einen Weg zu finden, die Trophäenjagd auf Elefanten zumindest im Norden Tansanias wieder zu beenden. Außerdem starteten diese drei Organisationen zusammen mit vielen weiteren NGO’s und Unternehmen eine Petition mit demselben Ziel an die tansanische Präsidentin. Sie werden weiterhin alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Elefanten Amboselis vor der Jagd zu schützen.

Wer helfen möchte, die Elefanten Amboselis vor der Trophäenjagd zu schützen,  kann diese Petition unterstützen:

https://bit.ly/Amboseli-Elephants-No-Trophy

Zusätzlich kann man einen Appell an die tansanische Botschaft in Berlin senden. Der folgende Link führt zu einem Musterbrief und den Adressen:

https://bit.ly/Appell_an_Botschafter_2024

Wir danken allen Unterstützern von ganzem Herzen – auch im Namen der Elefanten aus Amboseli!

(Alle Bilder © Amboseli Trust for Elephants