Barsilinga braucht eine Behandlung

(übersetzt aus dem englischen Bericht des Sheldrick Wildlife Trust; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)

„Gestern Abend kam Barsilinga zu den Stallungen in Ithumba. Ich hatte ihn seit über einem Monat nicht gesehen. Und ich sah gleich, dass er eine kleine Wunde hatte – wahrscheinlich von einem Pfeil oder einem Speer.“

Mit diesen Worten beschreibt Benjamin, Chef-Keeper der Auswilderungsstation des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) in Ithumba, wie Ex-Waisenbulle Barsilinga an den Gehegen der Auswilderungsstation auftauchte – diesmal kein normaler Besuch, sondern eine Bitte um Hilfe! Benjamin benachrichtigte sofort das Hauptquartier des SWT in Kaluku, die für den folgenden Morgen, den 12. Februar 2024, eine Behandlung organisierten. Alle warteten morgens gespannt darauf, dass Barsilinga wiederkommen würde, und es dauerte nicht lang: schon bei Sonnenaufgang war es so weit, und er kam zusammen mit einigen anderen Ex-Waisen an. Es konnte losgehen!

Der Pilot des SWT sammelte die mobile Tierarzt-Einheit, die zusammen mit dem Kenya Wildlife Service (KWS) betrieben wird, in Voi ein und flog sie in den Norden des Tsavo East Nationalparks. Barsilinga hatte sich inzwischen unter die noch milchabhängigen Waisen gemischt, aber die Stimmung war ganz entspannt. KWS-Tierarzt Dr. Limo konnte direkt zu ihm gehen und ihm einen Betäubungspfeil verpassen. Selbst, als das Betäubungsmittel anfing zu wirken und Barsilinga umfiel, blieben die anderen Elefanten ganz ruhig – sie wussten genau, dass das Team da war, um ihm zu helfen.

Tatsächlich war Barsilinga von einem Speer getroffen worden. Die Wunde ging ziemlich tief, aber zum Glück waren keine Gelenke oder Knochen beschädigt. Nachdem die Verletzung sorgfältig gereinigt und mit Antibiotika versorgt war, rappelte sich Barsilinga wieder auf und ging seiner Wege.

Chef-Keeper Benjamin betont immer wieder, dass Barsilinga ein ganz besonderer Bulle für die Keeper des SWT ist. Er verwaiste im Jahr 2012, als er erst ein paar Wochen alt war. Wilderer hatten seine Mutter getötet, aber er hatte Glück und wurde rechtzeitig gerettet. Danach wuchs er in der Obhut des SWT auf, zuerst in der Nursery in Nairobi, und dann in der Auswilderungsstation in Ithumba. Vor etwa zwei Jahren schloss sich der Kreis: Zusammen mit ein paar seiner besten Freunde startete Barsilinga sein neues Leben in der Wildnis.

Aber er ist auch ein erfahrener Patient, denn es ist nicht das erste Mal, dass er etwas Unterstützung brauchte! Im Jahr 2020, als er gerade die ersten Schritte in seine neue Unabhängigkeit unternahm, verkeilte sich ein Stück Ast unglücklich in seinem Fuß, und die Verletzung entzündete sich ziemlich stark. Fast zwei Jahre lang blieb er daraufhin an den Stallungen in Ithumba, wo die Keeper mit viel Geduld seinen Fuß behandelten. Es musste sich für Barsilinga frustrierend angefühlt haben: Gerade, als all seine Freunde das Leben in der freien Wildnis kennenlernten, musste er als Dauerpatient in der Station bleiben!

Aber er hat nie vergessen, dass ihm dort über die Jahre viel Hilfe zuteil wurde. Als er jetzt von einem Speer verletzt wurde, wusste er genau, wohin er gehen musste. Benjamin berichtet: „Es gab einen Grund, warum er nach so langer Abwesenheit wiedergekommen ist: Er wollte seiner Menschen-Familie zeigen, dass er Hilfe brauchte. Und er wusste genau, dass sie diejenigen sind, bei denen er sie finden würde.“

Nach seiner neuesten Behandlung dauerte es nur drei Tage, dann tummelte sich Barsilinga schon wieder zusammen mit den Waisen im Schlammbad. Es ist so schön zu sehen, dass er wieder fit  und die Wunde gut verheilt ist.