(übersetzt aus dem englischen Bericht des Sheldrick Wildlife Trust; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)
Schon seit einiger Zeit war klar, dass die Zeit für einen Tapetenwechsel für diese sechs kleinen Elefanten reif war. Sie wurden immer mal wieder vorlaut, ließen die anderen wissen, dass sie die ältesten der Gruppe sind und setzten sich häufig von der Waisenherde ab – wie Kinder, die langsam in die Pubertät kommen! Manchmal nahmen sie auch jüngere Waisen auf ihre Ausflüge mit. Rafiki fing an, häufig den Stärkeren zu markieren, und sogar Taabu, die normalerweise sehr gute Manieren hat, machte bei der öffentlichen Besuchsstunde immer wieder Ärger!
Nach den Begrüßungszeremonien ging es dann zum Schlammbad, das den Waisen aus Nairobi wie ein riesiger See vorgekommen sein muss. Olorien musste ein wenig Überzeugungsarbeit leisten, aber dann gingen auch Taabu, Ahmed und Tingai ins Wasser, bevor sie einen entspannten Nachmittag im wunderbar grünen Busch Ithumbas erlebten. Bei Sonnenuntergang gingen die drei dann in das Gehege, das für Neulinge in der Auswilderungsstation vorgesehen ist.
Sofort begann ein Team von Keepern nach ihnen zu suchen. Sie riefen sie und verfolgten ihre Spuren am Boden. Das war allerdings gar nicht so einfach, denn nach den Regenfällen ist die Vegetation in Ithumba grün und üppig. Elefanten bewegen sich zwar scheinbar lautlos und ohne Probleme in so einer Landschaft, aber für Menschen ist das deutlich schwieriger. Nach einer Weile sah es so aus, als hätten die sechs sich doch weiter von der Herde weg begeben als zunächst angenommen, und so wurden ein Hubschrauber und das Flugzeug des SWT mobilisiert, um nach ihnen zu suchen. Damit wurde die Gegend, in der die Waisen vermutet wurden, minutiös abgesucht. Allerdings tummeln sich in dem Gebiet zur Zeit jede Menge wilder Elefanten, und so war es schwierig, die sechs kleinen zu erspähen.
Als es dunkel wurde, hatten die Helfer zwölf Stunden lang in der Luft und am Boden gesucht, aber die Babys immer noch nicht gefunden. Die Keeper, allen voran Chef-Keeper Benjamin, machten sich große Sorgen und natürlich auch selbst Vorwürfe. Sie waren an dem Tag um die 30 Kilometer zu Fuß unterwegs gewesen, aber ein kräftiger Regenschauer am Nachmittag hatte die Spuren der Elefanten komplett verschwinden lassen. Am nächsten Morgen stiegen die Piloten bei Sonnenaufgang sofort wieder in ihre Flugzeuge und hatten schließlich ganze 26 Flugstunden mit der Suche zugebracht. Die Suche aus der Luft ist normalerweise Erfolg versprechender, aber zur Zeit ist Ithumba voller dichter grüner Vegetation, in der selbst ausgewachsene Bullen schwer auszumachen sind – ganz zu schweigen von sechs kleinen Elefanten unter den hunderten in der Gegend.
Bisher konnten die Ausreißer noch nicht wieder aufgespürt werden. Die Keeper hoffen zwar, dass sie wieder nach Hause finden, sind aber optimistisch, dass es ihnen auch so gut geht. Im Moment könnten die Bedingungen nicht besser sein: Es gibt an jeder Ecke genug Futter und Wasser. Außerdem sind genug Ex-Waisen und wilde Herden in der Nähe, die sich sicherlich der kleinen Gruppe annehmen können. Und sie haben mit Ahmed, dem einzigen Mädchen der Gruppe, eine selbstbewusste und fähige Mini-Leitkuh. Und schließlich kennen auch Ahmed, Kitiak, Elerai und Rafiki die Wildnis schon deutlich länger, als sie in der Obhut des SWT waren – sie haben einen gut ausgeprägten Instinkt und waren auch in der Nursery schon ziemlich unabhängig. Taabu und Tingai waren noch etwas jünger, als sie gerettet wurden, aber auch diese beiden haben sich schon zu selbstsicheren kleinen Bullen entwickelt. Ganz bestimmt werden sie sich gegenseitig helfen und auch Hilfe von den wilden Elefanten und Ex-Waisen bekommen, die sie kennenlernen werden.
Gut möglich, dass diese Geschichte noch nicht ganz zu Ende ist und es noch einmal Neuigkeiten von den sechs Babys gibt. Bis dahin sind alle zuversichtlich, dass die sechs sich gut in der Wildnis machen werden – schließlich helfen sich Elefanten gegenseitig, wann immer es geht. Es gibt ausgiebig Futter und Wasser, und die kleinen Ausreißer sind schon ganz gut vorbereitet auf das Leben als freie, wildlebende Elefanten.