Der zweite Elefanten-Urenkel in Ithumba: Mala

(übersetzt aus dem englischen Bericht des Sheldrick Wildlife Trust; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)

Wird ein Leben gerettet, ist das der Anfang für viele neue. In Ithumba wird das besonders deutlich: Von den vier Elefantenwaisen, die im Jahr 2004 die dortige Auswilderungsstation des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) einweihten, gibt es inzwischen elf neue kleine Elefanten in zwei weiteren Generationen. Vor kurzem gab es nun den aktuellen Neuzugang dieser Familie zu bestaunen: das zweite Elefanten-Urenkelkind, Mwendes erstes Baby Mala!

 

Über die Jahre sind in Ithumba immer wieder neue Elefanten-Enkel geboren worden: Kälber von ehemaligen Waisen, die gerettet wurden und nun wieder in der Wildnis leben. Im letzten Jahr gab es eine Premiere, als Ex-Waise Yatta zum ersten Mal Großmutter wurde – was die Mitarbeiter des SWT damit sozusagen zu Urgroßeltern machte! Nun gab es ein zweites solches Baby in Ithumba zu bestaunen.

Alles begann vor 23 Jahren, als im Jahr 2000 eine winzige Elefantenwaise ganz allein im Meru Nationalpark gefunden wurde. Sie wurde Mulika genannt,  war sehr traumatisiert und wild, als sie  im Waisenhaus des SWT in Nairobi ankam. Es konnte nicht geklärt werden, was mit Mulikas Mutter passiert war, aber der Verdacht lag nahe, dass sie Wilderern zum Opfer gefallen war.

 

Mulika wuchs zu einer liebevollen und treusorgenden Leitkuh heran, zuerst im Waisenhaus und dann in der Auswilderungsstation in Voi. Als 2004 eine neue Auswilderungsstation geplant wurde, zerbrachen sich alle beim SWT die Köpfe, welche Waisen als erstes dorthin gebracht werden sollten – sie würden Neuland betreten und sollten allen Waisen nach ihnen den Weg bereiten. Dass Mulika dabei sein sollte, war schnell klar, da sie die geborene Leitkuh ist. So zog sie zusammen mit drei anderen selbstbewussten Kühen –Yatta, Kinna und Nasalot – in den nördlichen Teil des Tsavo East Nationalparks um.

 

 

Im November 2011 brachte Mulika den allerersten „Enkel“ in Ithumba zur Welt. Mit ihrem frisch geborenen Kalb kam sie auf direktem Weg zurück zu den Keepern und den Waisen, um überglücklich ihren Nachwuchs den Menschen, die sie aufgezogen hatten, vorzustellen. Das ist inzwischen zur Tradition unter den Ex-Waisen Ithumbas geworden – wann immer ein neues Baby geboren wird, wird es den Keepern so bald wie möglich stolz vorgezeigt! Meistens ist nicht bekannt, wer Vater dieser Babys ist, aber in diesem Fall war es ziemlich klar, dann die Keeper hatten beobachtet, wie sowohl Mulika als auch Yatta sich mit einem Bullen mit beeindruckenden Stoßzähnen gepaart hatten, den inzwischen alle liebevoll „Dad“ nennen.

Und so erblickte eine neue Generation der Elefantenfamilie in Ithumba das Welt. Chef-Keeper Benjamin gab Mulikas Baby den Namen Mwende, was in der Sprache der Kamba, die in der Gegend von Ithumba leben, soviel bedeutet wie „Liebling“. Und tatsächlich ist Mwende mit der Zeit zum Liebling aller geworden – ihrer eigenen Familie, der Keeper, die ihre Mutter aufgezogen hatten, und der Waisen, die sich drängelten, um Zeit mit ihr zu verbringen.

 

Die Keeper spielten eine wichtige Rolle, als Mwende noch ein Baby war. Als sie sechs Monate alt war, kam Mulika mit ihr zu den Gehegen zurück und blieb dort. Es war offensichtlich, dass Mwende an Gewicht verloren hatte und ziemlich träge war. In Ithumba war es zu der Zeit extrem trocken, und Mulika konnte nicht mehr genügend Milch für ihr Baby produzieren, da sie kaum genug zu fressen fand.

Es war klar, dass die frisch gebackene Mutter etwas Unterstützung brauchte! Die Keeper gaben Mulika ordentlich Ergänzungsfutter und Luzernenheu, um ihre Milchproduktion wieder in Gang zu bringen. Die anderen Ex-Waisen merkten ebenfalls, dass es ihr nicht gut ging.  Sie unterstützten sie nach Kräften, passten auf die kleine Mwende auf und umrüsselten sie besorgt. Nach einigen Tagen des Aufpäppelns ging es dann Mulika und Mwende wieder gut. Mulika wusste wohl sehr gut, dass sie nur zur Auswilderungsstation zurückkommen musste, wo ihr geholfen werden würde. Im Jahr 2020 brachte sie dann ihr zweites Baby zur Welt, einen kleinen Bullen, der Mkuu genannt wurde.

Seit einiger Zeit war nun den Keepern klar, dass das zweite Elefanten-Urenkel bald zur Welt kommen würde. Letzten November wurde Yattas erste Tochter Yetu bereits Mutter, und schon da war offensichtlich, dass auch Mwende schwanger war. Die beiden sind zusammen durch dück und dünn gegangen – Yetu ist nur zwei Monate jünger als Mwende, sie haben den gleichen Vater, und ihre Mütter sind immer noch beste Freundinnen – und so erscheint es ganz richtig, dass sie nun zusammen in ihr neues Leben als Mutter starten!

 

Bei Sonnenuntergang am 22. Oktober 2023 kam Mwende an den Stallungen in Ithumba an und hatte ihr kleines, erst einen Tag altes Töchterchen im Schlepptau. Obwohl sie ihr ganzes Leben in der Wildnis verbracht hat, wollte sie doch ihren Nachwuchs den Menschen vorstellen, die sie offenbar zu ihrer erweiterten Familie zählt! Mit von der Partie waren Ex-Waise Makireti und Gawa, die erstgeborene Tochter von Ex-Waise Galana. Nur wenig später tauchte auch der Rest der Ex-Waisen mit ihren Babys auf. Auch Ex-Waise Ukame bot ihre Dienste als Kindermädchen an, genauso wie Wiva, die erste Tochter von Ex-Waise Wendi. Aber auch alle anderen wuselten aufgeregt um Mwende und ihre Tochter herum und waren begeistert, ein neues kleines Elefantenkind in ihrer Mitte begrüßen zu können.

Die Keeper gaben Mwendes Baby den Namen Mala. Dieses kleine Kalb ist heute nur am Leben, weil vor vor über zwei Jahrzehnten ein anderes Waisenkalb gerettet wurde. Ihre Großmutter Mulika legte den Grundstein für zwei neue Generationen von Elefanten, und es ist wunderbar zu sehen, wie mit der Hilfe der Keeper des SWT die Herden von wieder wild lebenden Elefanten im Norden des Tsavo East Nationalparks wachsen und gedeihen.