Makenas Rettung

Im Nordwesten von Laikipia, oberhalb des Lake Baringo, liegt die Ranch Ol Ari Nyiro. An der Nordwestgrenze lebt der Stamm der Pokot, eine ungewöhnliche Mischung aus Hirten, Bauern und Jägern/Sammlern. Nahe dieser Grenze hörte die Kukwa-Patrouille auf dem Gelände der Ol Ari Nyiro-Ranch am Morgen des 20. September die Schreie eines Elefantenbabys. Kurz darauf entdeckten sie ein winziges Kalb, das orientierungslos und verlassen war. Andere Elefanten waren in der Gegend nicht zu entdecken. Das Baby, das ganz verzweifelt Anschluss suchte, folgte ihnen ins Camp, von wo die Ranger Sean Outram benachrichtigten, der auf der Ranch arbeitet. Sean holte das Baby mit seinem Fahrzeug ab und benachrichtigte die Waisenstation in Nairobi. Er brachte das kleine Elefantenmädchen zur nächstgelegenen Flugzeugpiste und wartete auf das Rettungsflugzeug. Währenddessen suchten andere Ranch-Mitarbeiter in der Umgebung nach einer Spur der Elefantenmutter – leider vergeblich. Die Elefantenherden in dieser Gegend ziehen oft nach Norden bis zum Samburu Nationalpark und in die angrenzenden Gebiete, obwohl dieser Korridor durch menschliche Ansiedlungen immer enger wird.

Es lässt sich schwer sagen, ob die Kleine ein Opfer des Konflikts zwischen Menschen und Wildtieren wurde oder ob die Mutter von Wilderern aus dem Stamm der Pokot getötet wurde. Die Pokot sind mutige, brutale und hart gesottene Leute, die im Gegensatz zu anderen Stämmen noch Elefanten jagen. Dabei nutzen sie die Taktik des Überraschungsangriffs, indem sie sich im hohen Gras verbergen und dann aufspringen und den Elefanten mit dem Speer angreifen. Sie versuchen, lebenswichtige Organe zu treffen. Die Überraschungstaktik bringt den verwundeten Elefanten dazu, die Flucht zu ergreifen. Die Angreifer verfolgen ihn dann und zielen dabei mit dem Speer auf seine Füße und Hinterbeine, um ihn fluchtunfähig zu machen.

Die kleine Elefantenwaise wurde getränkt und dann vorsichtig mit gefesselten Vorder- und Hinterbeinen in ein kleines Flugzeug geladen und nach Nairobi geflogen. Als sie nach der Landung aus dem Flugzeug stieg, legte sie sich sofort hin und wälzte sich auf dem Kiesbelag des Vorfeldes, womit sie die umstehenden Zuschauer in Entzücken versetzte. Den hektischen Flugplatzbetrieb schien sie gar nicht zu bemerken. Später folgte sie Benson zwischen parkenden Flugzeugen, Tankwagen und staunenden Zuschauern hindurch bis zum Landrover, der sie zur Nursery bringen sollte. Dieses kleine flauschige übermütige Wesen eroberte bald das Nursery-Gehege. Nach einem kräftigen Schluck Wasser wälzte sie sich sofort in einer Pfütze. Die Keeper kamen einer nach dem anderen, um diesen kleinen pausbäckigen Neuankömmling zu sehen, der glücklich hinter jedem herlief.

Offenbar war sie es gewohnt, weite Strecken zu marschieren, denn sie war schon am Nachmittag zwei Stunden unterwegs und am Abend, als es kalt wurde, mussten wir sie mit sanfter Gewalt in den warmen Stall bugsieren, der gleich neben dem von Narripi lag. Sie rebellierte die ganze Nacht gegen das Eingesperrtsein. Es war offensichtlich, dass die Erinnerung an ihre Mutter noch sehr frisch war und dass der beständige Drang zu laufen mit der verzweifelten Suche nach ihrer Mutter zusammenhing. Durch Makenas unruhige Nacht kam auch Narripi nicht zur Ruhe, und am nächsten Morgen sahen die Keeper und auch Narripi ziemlich mitgenommen aus.

Am Morgen wurden Naserian und die älteren Waisen zu Makena gebracht, um sie zu beruhigen und zu trösten, und Lualeni und Naserian waren begeistert von dem kleinen Neuankömmling und wollten sie gleich mit sich locken. Aber sie suchte weiterhin nach ihrer Mutter. Trotz der Gesellschaft von Narripi rannte sie nur rastlos umher und wirkte sehr gestressed. Wir hoffen, dass sich ihr ruheloses Verhalten in den kommenden Tagen legt und dass sie dann besser fressen und sich beruhigen wird, wenn die Erinnerung an ihre traumatischen Erfahrungen langsam verblasst. Wir sind auch hier mit den üblichen Herausforderungen konfrontiert bei einem so kleinen Elefanten, aber für den kleinen Narripi könnte sie ein wundervoller Kumpel sein, und wir hoffen, dass die beiden eines Tages eine besondere, lebenslange Freundschaft verbinden wird.

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