Mutara ist Mutter geworden!

 

Mutter zu werden ist etwas ganz Besonderes für jede Elefantendame, aber besonders für solche, die ihre eigene Mutter verloren haben. Die wunderbare Mutara, deren Leben so schwierig begonnen hatte, ist nun in dieses neue, bemerkenswerte Kapitel ihres Lebens gestartet.


Mutara hat ihre eigene Mutter nie kennengelernt. Sie wurde am Abend des 26. Juli 2009 aufgefunden, als sie ganz allein die Straße zwischen der Ortschaft Rumuruti und der Mutara Ranch entlang wanderte. Es war klar, dass es ein sehr kleiner Elefant war, aber trotzdem waren die Keeper damals überrascht, wie winzig das Wesen war, das aus dem Rettungsflugzeug herausgeholt wurde. Ihre Nabelschnur hing noch an ihr, und sie hatte rosafarbene Ohren, die zeigten, dass sie gerade erst geboren worden war. Vermutlich war ihre Mutter Wilderern zum Opfer gefallen.

Mutara wuchs in der Baby-Gruppe des Waisenhauses in Nairobi auf, entwickelte sich jedoch schnell zu einer eigenständigen Mini-Leitkuh. Im Jahr 2013 zog sie in die Auswilderungsstation nach Ithumba um, wo sie ihre Fähigkeiten als Leitkuh weiter ausbauen konnte. Nach ihrer Auswilderung bildete sie schließlich ihre eigene kleine Herde, zusammen mit Suguta, Sities, Turkwel und Kainuk. Alle diese Elefanten sind seit ihrer Zeit in Nairobi gute Freundinnen.

Jeder Elefant ist außergewöhnlich, aber Mutara hat etwas ganz Besonderes. Sie strahlt Sanftheit aus. In ihrer Gegenwart zu sein bedeutet, Ruhe in ihrer natürlichsten Form zu erfahren! Gleichzeitig hat sie eine natürliche Autorität und genießt den absoluten Respekt ihrer Herde. Sie hatte zudem schon immer eine ganz besondere Beziehung zu Ithumbas Chefkeeper Benjamin.

Im Mai 2020 konnte man beobachten, wie Mutara das Interesse der Bullen weckte. Bei einem ihrer Besuche in der Auswilderungsstation zog sie die Aufmerksamkeit einer ganzen Reihe verliebter Bullen auf sich. Mutara suchte sich einen von ihnen – einen sehr gut aussehenden Kerl – aus, und die beiden verbrachten eine längere Zeit miteinander.

In den folgenden 22 Monaten wuchs Mutaras Bauch. Sie entschied sich dafür, den größten Teil ihrer Schwangerschaft in der Nähe ihres alten Zuhauses, der Auswilderungsstation in Ithumba, zu verbringen, und in den letzten zwei Jahren siedelten sich Mutara und ihre Herde dauerhaft in der Umgebung von Ithumba an. Dies ist das erste Baby ihrer kleinen Herde, daher waren alle froh, dass sie Vorsicht walten ließen und dafür sorgten, dass Mutara sich nicht zu sehr anstrengte insbesondere während der schlimmen Trockenzeit des letzten Jahres.

Während in Mutara ein neues Leben heranwuchs, trainierten Suguta, Sities, Kainuk und Turkwel schon mal ihre Fähigkeiten als Kindermädchen. Sie wählten das Waisenkind Dololo als „Übungsobjekt“ – und ihre Hingabe erreichte wirklich schwindelerregende Höhen! Sie begannen, außerhalb des Geheges zu übernachten, damit sie Dololo beim Schlafen beobachten und ihn morgens als erste begrüßen konnten. Wenn ihre Zuneigung zu diesem kleinen Bullen Rückschlüsse zulässt, dann wird aus ihnen eine ganz hervorragende Truppe von Kindermädchen!

Am Abend des 8. März 2022, als sich alle in Ithumba gerade bettfertig machten, tauchten Mutara und ihre Herde vor den Gehegen auf. Und die Keeper waren hocherfreut, ein kleine Neugeborenes in ihrer Mitte zu finden! Das Baby sah aus wie frisch aus dem Mutterleib – Mutara hatte ganz offensichtlich kurz zuvor an diesem Abend ein Kalb geboren, einen kleinen, kerngesunden Bullen. Mutara verbrachte ihre erste Nacht als Mutter in der Nähe der Stallungen und teilte diesen besonderen Moment mit Benjamin und den anderen Keepern, die sie aufgezogen hatten.

Am nächsten Morgen waren Yatta, Wendi und ihre Ex-Waisen-Herden ebenfalls an den Stallungen, aber Mutara und ihre Gruppe waren nirgendwo zu sehen. Benjamin fand sie schließlich hinter dem Hügel, wo es etwas ruhiger war. Mutaras hervorragende Intuition sagte ihr, dass am Morgen jede Menge wilde Elefanten an den Stallungen auftauchen würden und wollte offenbar den Bullen und deren Getobe aus dem Weg gehen.

Es ist oft festzustellen, dass eine Mutterschaft den Charakter eines Elefanten verändert. Mutara scheint jedoch völlig unverändert zu bleiben. Sie ist immer noch die gleiche sanfte, vertrauensvolle Elefantenkuh. Ihr Freundinnen dagegen waren ganz aus dem Häuschen: Suguta, Sities, Turkwel und Kainuk nehmen ihre Rolle als Kindermädchen sehr ernst!

So reibungslos, wie Mutara nun mit ihrem Baby umgeht, vergisst man leicht, dass sie ein Elefant ist, der von Menschenhand aufgezogen wurde. Obwohl sie ihre eigene Mutter nie gekannt hat, wuchs sie dennoch mit der Liebe und Unterstützung einer Familie auf. Jetzt wird sie dieselbe Liebe und Unterstützung weitergeben, wenn sie ihren eigenen Nachwuchs in freier Wildbahn großzieht. Wir alle sind sehr froh, Mutaras Geschichte miterleben zu können, die vor zwölf Jahren beinahe zu Ende war – doch es war auch ein Neuanfang!

Dazu passt auch der Name, den Mutaras Baby von den Keepern erhalten hat: Mambo. „Mambo“ ist ein bekannter Suaheli-Gruß, der einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Es bedeutet im Wesentlichen: „Erzähl mir deine Geschichten“ – und was für eine Geschichte Mutara zu erzählen hat! Jetzt schlägt sie mit dem kleinen Mambo an ihrer Seite ein wunderbares neues Kapitel auf.

(übersetzt aus den englischen Berichten des Sheldrick Wildlife Trusts; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)