Bondeni, Kindani und Kinyei ziehen nach Ithumba um

Die Keeper des Sheldrick Wildlife Trust (SWT) nennen sie das „Kaluku-Trio“: Kindani, Kinyei und Bondeni. Obwohl sie noch ziemlich jung sind, haben sie schon viel zusammen erlebt. Sie wurden in ganz unterschiedlichen Ecken von Kenia gerettet, aber sie haben ein neues Leben zusammen zu dritt gefunden – erst an den sandigen Ufern des Athi-Flusses in Kaluku und danach in der roten Erde von Nairobi. Und jetzt, da ihr nächster großer Schritt zurück zum Leben in der Wildnis ansteht, sollten sie diesen natürlich auch zusammen tun.


Kindani war die erste der drei, die gerettet wurde; im April 2018 wurde sie ganz allein im Meru Nationalpark gefunden. Sie war erst wenige Tage alt und noch völlig unbeschwert und ging bereitwillig den Rangern des Kenya Wildlife Service (KWS) hinterher, die sie entdeckt hatten. Zu dieser Zeit gab es in Nairobi fast täglich schwere Gewittergüsse, und in der dortigen Nursery war es kalt und extrem nass. Da das keine besonders guten Bedingungen für ein empfindliches Neugeborenes sind, wurde Kindani erst einmal zum Tsavo-Hauptquartier des SWT in Kaluku gebracht, wo es warm und trocken war. Inzwischen ist dort die Baby-Station des SWT, wo die kleinsten und fragilsten Elefanten aufgezogen werden, doch damals gab es noch nicht einmal einen Stall, in dem Kindani schlafen konnte. Eilig wurde eine Unterkunft für sie gebaut, während sie so lange in einem Antilopen-Stall schlief.

Daphne Sheldrick, die Gründerin des SWT, starb nur wenige Tage nach Kindanis Rettung, und alle Mitarbeiter waren von tiefer Trauer erfüllt. Dazu kam auch noch, dass der Athi, der durch Kaluku fließt, über die Ufer trat – bald waren Kindanis Stall und die Quartiere der Mitarbeiter von Wasser umgeben. Doch die Keeper reagierten schnell und brachten das kleine Elefantenbaby zum Wohnhaus der Sheldricks, das höher gelegen ist, und Kindani verbrachte eine geruhsame Nacht in Daphnes Schlafzimmer! Das Wasser draußen verwandelte das Grundstück inzwischen in eine Insel, die neun Stunden lang vom Rest der Welt abgeschnitten war. Bei all der Trauer um Daphne kam es einem fast wie ein Geschenk des Himmels vor, dass dieses kleine Waisenbaby in der Not in ihrem Haus Schutz finden konnte.

 

Drei Monate später kam Kinyei dazu. Auch sie war erst wenige Tage alt gewesen, als eine Safari-Gruppe sie in der Maasai Mara erspähte, ganz allein und schutzlos in der Nähe eines Löwenrudels. Sie schloss sich Kindani in Kaluku an, und die erste gemeinsame Zeit schweißte die beiden Mädchen wie Schwestern zusammen.

Bondeni, ihr „kleiner Bruder“, vervollständigte das Trio schließlich im Februar 2019. Als frischgeborenes Baby wanderte er in einem Dorf am Rande der Chyulu-Berge umher. Wie er verwaiste, konnte nie geklärt werden, aber seinem schlechten Gesundheitszustand nach zu urteilen, war er weit gelaufen: Seine kleinen Füße waren übersät von Verletzungen, die er sich auf den schroffen Lava-Feldern der Umgebung zugezogen haben musste.

Kindani, Kinyei und Bondeni lebten nun eine Zeit lang in Tsavo  im SWT-Hauptquartier in Kaluku. Ihre Tage verbrachten sie mit Spielen an den Ufern des Athi und Nickerchen im Schatten der dortigen Akazien. Im September 2020 wurde das Trio dann in die Nursery nach Nairobi gebracht, wo sie auch andere und ältere Elefanten kennenlernen sollten. Als Babys kamen sie dort an, aber in den folgenden Jahren wurden aus ihnen langsam reifere kleine Elefanten.

Jeder der drei hat ihre eigene Persönlichkeit: Bondeni ist ein verschmitzter kleiner Bengel, Kindani ist ein ruhiges und liebevolles Mädchen, und Kinyei ist ein wenig schräg. Trotzdem sind sie beste Freunde geworden. Sie wollen immer in angrenzenden Ställen schlafen, seit sie kleine Babys waren und das hat sich auch bis heute nicht geändert.

Und so war natürlich von Anfang an klar, dass die drei auch in ihrem Leben nach dem Waisenhaus zusammen bleiben müssen. Also wurde beschlossen, dass sie gemeinsam in die Auswilderungsstation in Ithumba umziehen sollten. Damit kehren sie wieder nach Tsavo zurück, wo sie schon einmal zuhause waren. Und dort sind auch schon einige ihrer Freunde aus dem Waisenhaus, die in den letzten Wochen und Monaten dorthin gebracht wurden. In der vergangenen Regenzeit gab es dort auch ausgiebige Niederschläge, und so ist Ithumba gerade ein kleines Paradies für Elefanten.

Nach ein paar Wochen Umzugstraining war schließlich am 25. Mai 2023 der große Tag gekommen. Allen war ein wenig mulmig zumute, denn beim Training hatte sich Bondeni, ganz wie es zu ihm passt, strikt geweigert, auch nur einen Fuß in den LKW zu setzen! Vielleicht erinnerte er sich noch an seinen Umzug von Kaluku nach Nairobi, der ihm wohl auch nicht besonders gefallen hat.

Aber: der Umzug verlief dann viel unproblematischer als gedacht. Kindani und Kinyei stiegen ohne zu zögern ein, und obwohl Bondeni eine Weile überzeugt werden musste und am Ende einen kleinen Schubser brauchte, schloss er sich schließlich seinen Freundinnen im Umzugs-Transporter an. Die Fahrt ging schnell, und schon um 8:30 morgens kam das Team in Ithumba an.

Als sich die LKW-Türen öffneten und drei neugierige Rüssel heraus gestreckt wurden, merkte man gleich, dass hier Elefantenbabys nach Hause zurückkehrten. Die Gegend mag neu für sie gewesen sein, aber schien ihnen doch irgendwie vertraut. Peter, einer ihrer Lieblings-Keeper aus dem Waisenhaus, hatte sie begleitet und half ihnen, sich in ihrem neuen Zuhause zurecht zu finden.

Drei alte Freunde aus dem Waisenhaus, Esoit, Lodo und Olorien, bildeten das Begrüßungskommitee. Sie kamen angerannt und begrüßten die Neuankömmlinge mit frenetischem Getröte und Gekoller. Kurz darauf folgten weitere bekannte Gesichter, darunter Sagateisa, Naleku und Roho, bevor dann auch der Rest der Herde dazukam. Da Ithumba gerade voller Grün ist, mussten sich Kindani, Kinyei und Bondeni pudelwohl fühlen.

Wie immer schienen auch die Ex-Waisen zu ahnen, dass neue Waisen ankommen würden, und pilgerten zurück „nach Hause“, um sie zu begrüßen. Yatta, Sunyei, Mulika, Kilabasi, Nasalot kamen mit ihren Familien an und waren ganz aus dem Häuschen. Ganz besonders aufgeregt war Yatta – sie wälzte sich so enthusiastisch im Schlammloch, dass sie die Waisen damit so verschreckte, dass sie heraus gerannt kamen! Und sogar Mutara, die seit Monaten nicht mehr da gewesen war, tauchte auf! Alles in allem waren um die 60 Ex-Waisen mit ihrem Nachwuchs da und begleiteten die drei Neulinge zu ihrem ersten Schlammbad in Ithumba.

Diese machten große Augen und staunten nicht schlecht, aber kamen doch mit allem gut zurecht. Kinyei war wie erwartet die unabhängigste von ihnen, während Kindani und Bondeni wie siamesische Zwillinge zu sein schienen. Bei ihren Keepern fühlten sie sich aber wohl und freundeten sich auch gleich mit ihren Artgenossen in Ithumba an.

Nach zwei Wochen in Ithumba berichtet Chef-Keeper Benjamin, dass sich das Kaluku-Trio prima eingelebt hat. Am Anfang blieben sie meistens zusammen und bei ihren Keepern, aber inzwischen öffnen sie sich auch den anderen und spielen mit ihnen. Esoit, Olorien, Lodo, Suguroi, Naleku und Larro sind gute Freunde für sie geworden; sie helfen ihnen, selbstsicherer zu werden und auch ohne die Keeper zurecht zu kommen. Morgens beim Herauskommen und Abends, wenn es zurück in die Gehege geht, machen sie schon mit, als ob sie nie etwas anderes gekannt hätten. Bondeni knüpft an seine Freundschaft mit Esoit an, und Kinyei kann gar nicht genug von den Babys der Ex-Waisen bekommen. Kindani führt abends gern das Trio an, wenn es zurück zu den Stallungen geht – ganz wie eine vorbildliche Mini-Leitkuh.

Man vergisst leicht, dass Kindani, Kinyei und Bondeni gar nicht verwandt sind. Sie haben zwar ihre Familien verloren, aber dafür haben sie eine Freundschaft gefunden, die ihnen alles bedeutet. Sie haben schon ganz schön viel zusammen erlebt, aber es wird auch noch viel auf sie zukommen. In den kommenden Monaten und Jahren werden sie langsam lernen, wie wilde Elefanten zu leben, bis sie schließlich wieder ihren Platz in der Wildnis einnehmen können. Und auch diese Zeit werden sie wieder zu dritt erleben.

 

 

(übersetzt aus dem englischen Bericht des Sheldrick Wildlife Trust; alle Bilder © Sheldrick Wildlife Trust)