Die Waisen im April

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: April 2022

Jeder Elefant hat eine einzigartige Persönlichkeit. Unsere immer weiter wachsende Nursery-Herde erinnert uns fast täglich daran. Einige unserer Schützlinge sind eher introvertiert, andere extrovertiert; manche lieben das Drama, und andere machen einfach ihr eigenes Ding. Kindani ist eigentlich eher unauffällig, aber wenn es um ihr Schlafquartier geht, kann sie zur Diva mutieren. Wegen all der Neuzugänge in den letzten Wochen mussten wir die Ställe auch wieder umbelegen. Kindani, Kinyei und Bondeni wurden ins Freigehege verlegt, und Kindani war überhaupt nicht glücklich über ihre neue Unterkunft. Sie war die ganze Nacht unruhig und reagierte auf jedes Geräusch. Ihre Aufmerksamkeit wird nützlich werden, wenn sie in der Wildnis ihre eigene Herde hat, aber im Moment nützt ihr das wenig und sie ist tagsüber einfach nur sehr müde! Wir konnten sie beobachten, wie sie längere Schläfchen hielt und Bondeni und Kinyei dabei auf sie aufpassten. Irgendwann kamen wir zur Erkenntnis, dass Kindani am liebsten in einem Stall mit ihren besten Freunden als Nachbarn wäre. Also wurde wieder umverlegt, und das Resultat war erstaunlich, denn sofort schlief sie wieder tief und fest die ganze Nacht hindurch. Morgens kommt sie voller Elan aus ihrem Nachtlager und braucht tagsüber keine Nickerchen mehr. Wir freuen uns, dass sie ihren Wunsch so gut kommunizieren konnte und wir ihr helfen konnten.

Neuzugänge finden in der Regel schnell neue Freunde unter den „alten Hasen“ in der Nursery, und manchmal halten diese Freundschaften bis ins Erwachsenenalter oder lebenslang. Lodo und Tingai werden immer dickere Freunde und verbringen mittlerweile fast den ganzen Tag zusammen. Sie haben viele Dinge gemeinsam: Beide stammen aus Laikipia und sind ruhiger als die meisten anderen Waisen. Lodo ist immer noch sehr schüchtern gegenüber den Keepern, wird aber während der Milchfütterung inzwischen zutraulicher. Sagateisa, Latika und Kamili haben ihre kleine Mädchenclique gegründet und sind fast immer zusammen. Sie sind sehr entspannt und verstehen sich sehr gut. Für ihre Größe hat Latika einen überdurchschnittlichen Appetit. Wann immer sie die Gelegenheit hat, sieht man sie auf den Knien beim Grasfressen oder beim Strecken nach Ästen. Sie macht lediglich eine Fresspause, wenn sie mit den anderen Waisen in der Suhle badet.

Neshashi, unser großes Mädchen, hat sich gut in den Nursery-Alltag eingelebt. So wie alle anderen liebt sie ihre Milchflasche und hat sich die Fütterungszeiten im Handumdrehen eingeprägt. Wenn die Morgenmilch zu spät dran ist, wird sie unruhig und beginnt sich mit Klopfen gegen ihre Stalltür zu beschweren. Wenn die Keeper schließlich bei ihr ankommen, ist das ungeduldige Klopfen schon in Kollern und Trompeten übergegangen!

Taabu, Choka und Esoit sind unsere ruhigen, sanftmütigen Bullen, immer unbeschwert und zufrieden. Obwohl Choka manchmal ein bisschen frech ist und Mukutan gemeinsam mit Kerrio umherscheucht, sind sie meistens sehr ruhig. So wie Bondeni und Roho ist auch Esoit sehr verspielt. Eines Morgens sah er einen Trupp Paviane im Wald und musste ihnen sofort nachjagen. Bondeni war sofort an seiner Seite und die beiden begannen Scheinangriffe. Sie wurden schnell von Roho gestoppt – nicht, weil der das Spiel abbrechen wollte, sondern, weil er die Aufmerksamkeit haben wollte!

Mukutan ist und bleibt ein kleines Rätsel: Er ist einerseits sehr schüchtern, aber gleichzeitig sehr laut, beschwert sich ohne sichtbaren Grund und schreit und kollert ständig. Kerrio und Choka machen sich einen Spaß daraus, ihn zu provozieren. An der Suhle erschrecken sie ihn oder versuchen ihn in die Suhle zu schubsen. Aber zum Glück passen Oldepe, Lodo, Latika und Kamili immer auf ihn auf und helfen ihm, sich vor den Frechdachsen in Sicherheit zu bringen.

Wir sind sehr zufrieden mit Sagateisas Fortschritten – besonders, wenn wir uns daran erinnern, dass sie bei ihrer Rettung an der Schwelle zum Tod stand. Sie nimmt stetig an Gewicht und Selbstvertrauen zu und setzt sich jetzt auch schon gegen ihre Freunde durch. Sie hat sogar damit begonnen, sich an Spielchen zu beteiligen, und schubst auch mal die Größeren wie Kindani, Kinyei, Naleku, Bondeni, Suguroi and Esoit.

Am 18. April, als die Nursery-Herde sich abends auf den Weg zurück ins Stallgelände machte, öffnete sich der Himmel, und es begann heftig zu regnen. Einige der Waisen gingen schnurstracks in ihr Nachtlager, Ziwadi, Lorigon, Tingai, Lodo, Neshashi und Suguroi dagegen rannten in den Busch. Die Keeper hatten alle schnell gefunden – bis auf Lorigon. Aber während sie ihn suchten, sahen sie ihn plötzlich gemütlich ins Stallgelände spazieren. Er hatte scheinbar gar nicht mitbekommen, dass alle aufgeregt nach ihm suchten! Am Morgen nach dem Regen war es sehr feucht und kalt. Die meisten Waisen kamen nur widerwillig aus ihren Ställen heraus. Als sie sich schließlich aufrafften, gingen sie wie auf Eiern um die Pfützen und durch den Matsch, so als ob sie ihre Füße möglichst trocken halten wollten. Aber ihre Proteste und das Kollern halfen nichts – die Keeper sorgten dafür, dass sie bald in den Busch zogen.

Bondeni ist und bleibt ein Schelm. Während der öffentlichen Besucherstunde an der Suhle gibt er gerne an und sorgt für Chaos. Sofort, nachdem er seine Milch ausgesoffen hat, nimmt er Anlauf, rennt auf die Besucher zu und versteckt sich dann im Gebüsch. Sobald niemand mehr schaut, kommt er zurückgerannt, und das Spiel wiederholt sich von Neuem. Die Keeper müssen ordentlich aufpassen, dass er nicht aus Versehen in die Leute stolpert!

Naleku wird jetzt mit der zweiten, der älteren Gruppe gefüttert. Das führte dazu, dass sie nicht mehr gemeinsam mit ihrem Schützling Kerrio zur Fütterung gehen durfte, und das findet sie gar nicht gut. Sie streitet jeden Tag mit den Keepern, aber die bleiben hart, denn Kerrio muss auch ein bisschen selbständig werden, und umgekehrt muss Naleku lernen, ihr ein bisschen mehr Freiheit zu geben. Aber natürlich gab es das ein odere andere Mal, dass sich Naleku an den Keepern vorbeischlich und mit ihrer geliebten Kerrio zusammen die Milch genoss.

Wir sind besorgt wegen Rama, der Probleme mit seinem linken Hinterbein hat, das schon immer o-beinig war. Es ist geschwollen, und er hat Schmerzen, so dass er derzeit nicht weit laufen kann. Die Tierärzte meinen, er leidet an einer Krankheit, die man bei Menschen Blount-Krankheit nennt, eine vermutlich genetisch bedingte Wachstumsstörung des Schienbeinknochens. Beim Menschen kann die Heilung durch Schienen unterstützt werden. Während die Tierärzte beraten, wie sie ihm helfen können, bleibt er erst einmal im Stall. Aber das wird wahrscheinlich ein langfristiges Problem für ihn, so lange er wächst.

Der 26. April war ein sehr trauriger Tag, denn wir haben unseren lieben Barnoti verloren (siehe Artikel). Er hatte sich nach seiner Rettung im Oktober 2021 nie vollständig erholt, aber in der Woche vor seinem Tod hörte er auf zu fressen und konnte nicht mehr aufstehen. Trotz der Rund-um-die-Uhr Betreuung der Keeper und zahlreichen Tierarzt-Besuchen ging es ihm jeden Tag schlechter. Die Waisen verstanden, dass es ihm nicht gutging, und schauten immer wieder bei ihm vorbei, um ihn zu trösten. Barnoti war so ein freundlicher kleiner Bulle; ruhig, geduldig und liebenswürdig zu allen um ihn herum. Alle anderen zwei- und vierbeinigen Freunde hatten einen sehr stillen Tag und trauerten um ihren lieben Freund Barnoti.

Aber der Monat endete trotzdem noch mit einem Hoffnungsschimmer, als Roho, Oldepe und Neshashi damit begannen, das Laufen über die Rampe auf den Umzugs-Lkw zu üben. Neshashi war tiefenentspannt und lief gleich beim ersten Mal ohne zu zögern über die Rampe. Oldepe war schon zögerlicher, aber ein paar ermutigende Worte der Keeper genügten, und er stieg ebenfalls auf den Anhänger und soff genüßlich seine Milch. Roho dagegen hatte keine Ambitionen, in das Metallungetüm zu steigen. Er ging nicht mal in die Nähe und beobachtete das Geschehen einige Tage erst einmal aus der Ferne, bevor er sich überzeugen ließ, an Bord zu gehen! Das Trio wird noch nicht sofort umziehen, aber es wird nicht mehr allzu lange dauern.

Unser Nashorn: Die wilden Warzenschweine haben in der Regel eine freundliche Beziehung zu unserem blinden Nashornbullen Maxwell. Aber eines Morgens wachte er mit einer furchtbar schlechten Laune auf. Er wollte partout nicht seine Luzernepellets teilen, prustete die Warzenschweine an und trat mit seinen Hinterbeinen. Sie waren schlau genug und zogen sich zurück, denn sie kannten ihn sehr gut und wussten, dass er nach einem ausgedehnten Nickerchen in der Sonne wieder besser drauf sein würde.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: April 2022

Arruba begann den Monat tiefentspannt. Mitten beim Fressen legte sie sich hin und schloss ihre Augen. Es sah aus, als ob sie schlief. Mbegu und Mudanda machten sich Sorgen und schauten sofort nach ihr, aber Arruba entspannte sich einfach nur. Die gemütliche Stimmung wurde spätestens dann unterbrochen, als sich Godoma gemütlich neben Arruba legte, Pika Pika eifersüchtig wurde und auf Arruba kletterte. Sie konnte es nicht dulden, dass Arrubas Aufmerksamkeit auf irgendjemand anderes gelenkt war. Godoma schaute ein bisschen traurig drein, so dass Pika Pika Mitleid bekam und sie in eine Runde Ringen verwickelte. Wir waren stolz auf Pika Pika, dass sie ihre Eifersucht zu Godomas Gunsten beiseite ließ.

Natürlich wird sie immer noch „die Königin“ genannt, und das völlig zurecht. Während der Mittagsfütterung sind Tamiyoi, Sagala, Thamana, Pika Pika und Lemeki oft in der ersten Gruppe. Pika Pika verlor an einem Tag den Anschluss, als diese Gruppe zu ihren Milchflaschen rannte. Das schien ihren Stolz zu verletzen und sie blieb stehen, bis die nächste Gruppe in Sicht war. Dann rannte sie los, damit sie als erste in der zweiten Gruppe ankam! Mudanda hat neuerdings ihre mütterliche Seite entdeckt und Thamana als ihren Schützling auserkoren. Sagala ist ebenfalls verzückt von dem kleinen Bullen, aber weil sie drei Jahre jünger als Mudanda ist, muss sie sich unterordnen. Eines Nachmittags fasste sich Sagala ein Herz, verließ die Suhle vorzeitig und schlich sich mit Thamana davon. Mudanda merkte schnell, was da vor sich ging, schoss an Thamanas Seite, stellte ihre Ohren auf und verdeckte seinen Kopf, so dass Sagala ihn nicht mehr sehen konnte. Gegen Ende des Monats bekam Sagala eine weitere Abmahnung, als sie Thamana gelegentlich mit dem Rüssel tätschelte. Um sich zu trösten, begann sie sich mehr mit Pika Pika zu beschäftigen. Sagala wollte mit Pika Pika Haschen und Verstecken spielen, aber Arruba folgte ihnen auf Schritt und Tritt, um sicher zu gehen, dass die beiden bloß nicht zu viel Spaß zusammen hatten.

Lemeki vergöttert ihre Keeper und gibt sich gegenüber den anderen Elefanten ein bisschen unnahbar. Eines Tages lud sich Rorogoi auf eine Dreckdusche mit Lemeki und Thamana ein. Lemeki versuchte, sich wegzustehlen, aber Rorogoi umfasste ihre Vorderbeine mit ihrem Rüssel, um sie zurückzuhalten. Lasayen und Ngilai haben eine enge Verbindung mit Lemeki, und Lasayen folgt ihr für gewöhnlich wie ein Schatten.

Mbegu ist die Leitkuh, aber es geht ihr nicht nur um die Pflicht – Spaß muss auch sein! An einem Tag liefen die Waisen zum Wasserloch und trafen auf eine große, wilde Herde. Mbegu planschte mit ihren dreckigen Füßen im Wasser und schien es für die wilden Elefanten verdrecken zu wollen. Die wilden Elefanten reagierten überhaupt nicht, aber Mbegu hatte trotzdem ihren Spaß.

Eines späten Nachmittags grasten die Waisen mit einer wilden Herde. Aber sie hatten ihre ganz eigene Agenda. Mbegu, Embu und Rorogoi waren auf eines der Kälbchen in der wilden Herde fixiert und wollten mit ihm spielen. Aber ihr Plan ging nicht so auf, wie sie sich das vorgestellt hatten, denn die ältere Schwester des Babys begann ihnen zu drohen! Aber Ngilai kam dem aufdringlichen Trio zur Hilfe, rannte hinüber und schien freundlich mit der großen Schwester zu verhandeln. Der Streit verwandelte sich auf einmal in ein Spiel mit der aufmerksamen Schwester, und Ngilai kam mit stolzer Brust zurück. Er war so aufgeregt, dass er sofort auf Tagwa stieg, was Tamiyoi sehr unangenehm war. Die Kühe entschieden, lieber nicht mit Ngilai zu feiern, und zogen sich zum Fressen zurück.

Am Monatsende nahm Ngilai wieder Kontakt zu seinem alten Freund, Büffelwaise Ivia, auf. Das Gespann hatte eine großartige Zeit beim Ringen, bis Zebrawaise Diria eifersüchtig wurde. Sie rannte mutig vor Ngilai, biss und fauchte, und es gelang ihr, die beiden zu trennen und mit Ivia weiter zu ziehen. Ivia war der Promi des Tages – später wollte auch Ndotto mit ihm spielen!

Am 25. April gab es einen dramatischen Zwischenfall. Pika Pika liebt den Kontakt zu wilden Elefanten, und es gelang ihr, Arruba und Embu zu überzeugen, mit ihr eine wilde Herde aufzusuchen, die in der Nähe fraß. Die Keeper versuchten alles Mögliche, aber konnten die Drei nicht zurücklocken, und sie verschwanden mit der wilden Herde. Mit den ersten Sonnenstrahlen am nächsten Morgen startete eine Suchaktion, die leider erfolglos blieb. Zwei Tage später, als die Keeper morgens ihren Tee tranken und sich auf die Fortsetzung der Suche vorbereiteten, bemerkten sie, dass die anderen Waisen unruhig wurden. Sie hoben ihre Rüssel, kollerten tief und nahmen eine Witterung von der Südseite des Msinga-Berges auf. Die Keeper verstanden erst, was vor sich ging, als Pika Pika, Arruba und Embu gemütlich ins Stallgelände schlenderten – zufrieden und offenbar ohne, dass ihnen ein  Haar gekrümmt wurde! Die Keeper waren unwahrscheinlich erleichtert, und die Waisen umringten die Ausreißer aufgeregt.

So wie der Monat begann, endete er auch – mit Spiel und Spaß. Als die Herde im Busch ankam, legte sich Suswa zur Überraschung aller auf den Boden und hielt mucksmäuschenstill. Rorogoi sah besorgt nach ihr, und als er sich über sie beugte, sprang sie auf und war bereit zum Spiel! Alle anderen stimmten ein, und es gab ein ausgelassenes Gewusel – Suswas Plan war aufgegangen!

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: April 2022

Der Monat begann mit einem kleinen Wunder in Ithumba: Die inzwischen ausgewilderten Waisen Naisula, Kitirua, Olare, Loijuk mit Baby Lili kamen mit einem winzigen Neugeborenen ins Stallgelände! Das Kälbchen war kaum mehr als eine Woche alt, war durcheinander und schrie die ganze Zeit. Es wollte ständig von irgendeiner Kuh säugen, schien mit Kitirua allerdings am besten auszukommen. Aber Kitirua war keinesfalls seine Mutter. Sie hatte noch kein Baby und zeigt bisher auch keine Anzeichen für eine Trächtigkeit. Das Baby war ganz offensichtlich eine Waise, und nur Kitirua könnte uns sagen, wie sie an es geraten war! Sie wusste jedenfalls, dass es dringend Hilfe brauchte und diese in Ithumba finden würde. Das Baby wurde sofort nach Kaluku in unsere Neugeborenen-Station gebracht.

Wir staunen immer wieder über Nabulus Mut und Verwegenheit. Eines Morgens kam eine wilde Herde mit zwei winzigen Babys ins Stallgelände und bediente sich an der Luzerne der Waisen. Nabulu hat sich schnell mit einem der Kälbchen angefreundet, und sie spielten zusammen, bis die Mutter durch Kollern signalisierte, dass es an der Zeit war, um weiterzuziehen. Nabulu winkte dem wilden Kälbchen mit dem Rüssel nach, wahrscheinlich in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. An einem anderen Morgen lief Nabulu vom Gehege direkt hinüber zur Tränke, wo sie einem Büffel und einem wilden Elefanten Gesellschaft leistete. Sie ist einfach furchtlos!

Sattao ist unser mutigster Bulle. Eines Morgens kamen die Ex-Waisen Kenze und Zurura mit zehn wilden Elefanten ins Stallgelände. Sattao fraß neben dem mittlerweile 17-jährigen Kenze und bewunderte gedankenversunken seine stattliche Statur. Wahrscheinlich fragte er sich auch, wie lange es wohl noch dauern würde, bis er so groß sein wird.

Wir hatten diesen Monat einige Besuche von inzwischen wilden Bullen. Challa ist immer sehr sanftmütig mit den jüngeren Waisen und fraß Luzerne mit Mundusi, Dololo, Sattao, Pare und Rapa. An einem anderen Tag ruhte sich Tomboi mit Sattao, Jotto und Ambo im Schatten eines Baumes aus. Als er noch ein Baby war, hatte ein Raubtier die Spitze von Kauros Rüssel abgebissen. Ohne seine „Finger“ ist er ein bisschen langsamer als die anderen, aber er hat Kniffe entwickelt, die das ausgleichen. Nachdem er die wilden Elefanten beobachtet hatte, hat er sich selbst beigebracht, wie man einen Ballen Luzerne-Gras mit dem Rüssel trägt. Er nutzt diese Taktik jetzt und schafft sich einen Ballen an einen ruhigen Ort, wo er dann ungestört frisst. Man kann ihn für seine Cleverness nur bewundern.

Mutara mit Baby Mambo und der Rest ihrer Herde blieben den ganzen Monat in der Gegend. Malkia war fest dazu entschlossen, Mambos Herz zu gewinnen, und das war in Gegenwart seiner Kindermädchen nicht einfach! Wann immer die Ex-Waisen kamen, ging Malkia hinüber, um sie zu begrüßen, und stellte sich dann irgendwo in die Nähe von Mambo, damit er sich schonmal an ihre Gegenwart gewöhnte. Eines Tages kam Mambo sogar zu Malkia und versuchte, an ihr zu säugen! Malkia war begeistert von seinem Vertrauen und darüber, dass sie letzten Endes doch sein Sicherheitssystem durchbrechen konnte. Es war ein guter Start!

Chyulu, Cheka, Wendi, Wema, Galana, Lenana, Lapa, Naserian, Njema, Loijuk, Lili, Kitirua, und Naisula kamen eines Morgens ins Stallgelände und fraßen mit den Waisen Luzerne, als diese aus ihren Nachtlagern kamen. Galana und Wendi scheinen sich von ihren erstgeborenen Töchtern Wiva und Gawa abzunabeln. Wir haben sie schon eine ganze Weile nicht gesehen, aber das ist kein Grund zur Sorge. Mit fünf und sechs Jahren sind sie schon groß genug, und wahrscheinlich sind sie mit Mitgliedern aus Yattas Herde unterwegs.

Mutter Natur ist dieses Jahr besonders hart mit uns. Wir schauen jeden Tag hoffnungsvoll in den Himmel, aber der Regen macht bisher einen großen Bogen um Ithumba. Die Waisen sind wirklich ernsthaft beschäftigt mit der Futtersuche. Und wie immer um diese Jahreszeit ist das Augenmerk darauf gerichtet und nicht aufs Spielen. Zeugnis dafür war, dass ein Warzenschwein und einige Wildhunde nicht beachtet, geschweige denn gejagt wurden! Die Waisen wissen ganz genau, dass diese Mätzchen Kraft, Zeit und Energie kosten.

Aber es gab trotzdem genug Spaß diesen Monat. Eines Morgens entdeckte der listige Ambo, dass das Futterlager offen stand, und natürlich ging er hinein. Die Keeper ertappten ihn auf frischer Tat, aber Ambo gelang es, eine letzte Portion zu grapschen, und er rannte aus dem Futterlager, während ihm die Halme aus dem Rüssel hingen. Am einem anderen Tag rannte der freche Mundusi mit seiner Milchflasche in die Suhle! Nachdem er die Flasche ausgesoffen hatte, ließ er sie einfach ins Wasser fallen – wie ein verwöhntes Kind. Die Keeper mussten einen Stock finden, der lang genug war, um die leere Flasche aus dem Wasser zu fischen.

Roi ist inzwischen von der Milch abgesetzt, aber eine berühmt-berüchtigte Milchdiebin, immer auf der Suche nach einer Gelegenheit. Einmal, an der Suhle, gelang es ihr, eine Flasche zu stibitzen. Der arme Enkikwe ging leer aus, weil er als letzter kam. Die Keeper mussten improvisieren und füllten eine Flasche mit Wasser. Er nahm sie zögernd und schimpfte bitter vor sich hin.

Larro scheint sich von Roi ein paar Kniffe abgeschaut zu haben. Wenn sie mit der Milch fertig ist, tut sie so, als ob sie weggeht, und in der letzten Minute schnappt sie sich eine volle Flasche. Die Keeper haben ihr Spiel erst durchschaut, als sie nach dem Austrinken einer Flasche stolz mit einer anderen vor ihnen auf und ab lief! Naboishu hat sich mit Kamok angelegt, als der auf ein Stück Luzerne stieg, das sie fressen wollte. Kamok hat ein feuriges Temperament und verpasste ihm einen Klaps mit dem Rüssel. Mukkoka, Sattao, Dololo, Musiara und Jotto schienen Naboishu auszulachen, als er sich wie ein begossener Hund vom Luzerne-Fressplatz entfernte.

Die Geburt von Mambo hat die „Dololo-Manie“ in Mutaras Herde ein wenig abebben lassen, aber Dololo ist immer noch sehr beliebt. Eines Abends schlichen sich Karisa, Rapa und Dololo hinter den Keepern davon in den Busch. Einige der Keeper suchten nach ihnen, aber sie hatten kein Glück. Am nächsten Vormittag fanden sie die Drei an der Suhle nahe der Piste. Sie fraßen gedankenversunken und hatten keine Ahnung, welche Sorgen sich ihre Keeper gemacht hatten.

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: April 2022

Unsere “Nachtschwärmer” sind inzwischen unabhängig, Ziwa ist sogar komplett ausgewildert. Wenn die Keeper ihn tagsüber mit wilden Herden sehen und ihn rufen, winkt er nur noch mit dem Rüssel! Die anderen „Nachtschwärmer“ sind noch nicht komplett abgenabelt. Am 1. April kamen Jasiri und Zongoloni nach mehreren Wochen wieder einmal vorbei. Lima Lima witterte sie schon vorher und rannte los, um sie zu begrüßen. Sie ist unsere Empfangsdame und führte die beiden Besucher vom Eingang des Stallgeländes zu den Waisen. Ngasha verzog sich im Handumdrehen beim Anblick seines Erzrivalen Jasiri.

Ein Elefant ist gar nicht glücklich über Zongolonis Unabhängigkeit, und das ist Kiasa. Sie hängt sehr an ihr und ist immer besorgt, dass Zongoloni wieder verschwindet, was natürlich unweigerlich geschieht. Eines Tages hielt Kiasa Maktao und Kiombo komplett von Zongoloni fern, weil sie sie ganz für sich alleine haben wollte.

Jasiri und Faraja haben jede Menge Freunde in der Wildnis und bringen sie gerne einmal mit, um sie den Waisen vorzustellen. Als sie einmal ins Stallgelände kamen, trompeteten besonders Enkesha und Kiasa außer sich vor Freude. Sie hatten noch nicht bemerkt, dass die beiden jungen Bullen mehrere wilde Kumpanen im Schlepptau hatten. Lima Lima, Zongoloni und Quanza hoben ihre Rüssel, als sie die wilden Bullen witterten, und wollten wissen, was sich da im Gebüsch versteckte. Wie immer führte Lima Lima die Untersuchung an. Ein riesiger Bulle erschien aus dem Busch, mit Stoßzähnen, die länger waren als sein Rumpf – unsere Jungs haben wirklich beeindruckende Freunde!

Aber auch sonst hatten wir viele wilde Besucher in diesem Monat. Kenia wird von einer Dürre geplagt, die auch die Chyulu-Berge nicht verschont. Umani-Springs ist der einzige Ort, wo es noch fließend Wasser gibt, und alle Wildtiere, von Büffeln über Buschböcke bis zu Elefanten, halten sich in der Gegend um die Umani-Quellen auf.

Vor einiger Zeit hatte Sonje einen Liebhaber namens Osama. Irgendwann zog er weiter, wie es Elefantenbullen so tun, aber es schien, als hätten sie sich damals verabredet. Am 12. April erschien Osama in Begleitung der “Nachtschwärmer”, die ihn wie einen König anhimmelten. Sonje war mit Kiombo und den anderen Waisen am Eingang des Stallgeländes und merkte erst nicht, dass er da war. Als sie begriff, dass es sich um „ihren“ Osama handelte, ging sie auf ihn zu, und die beiden verschwanden ohne großes Brimborium im Wald. Osama stellte ihr auch in den nächsten Tagen nach, und es wurde offensichtlich, dass Sonje läufig war. Ein paar hektische Tage folgten, und um Sonje eine kleine Pause zu ermöglichen, ließen die Keeper die Waisen einen Tag im Stallgelände. Osama wartete draußen auf seine geliebte Sonje. Am nächsten Tag fackelte er nicht lange, und sie paarten sich nicht weit vom Stallgelände entfernt. Wir hoffen also in 22 Monaten auf Nachwuchs!!! Aber mit der Paarung war es noch längst nicht vorbei. Osama machte ihr weiter den Hof, sogar als noch größere Bullen auftauchten. Einer davon verscheuchte Osama, der sich beschämt zurückzog. Sonje hatte keine Wahl, Osama war geschlagen, also musste sie bei dem neuen Bullen bleiben. Zu einer Zeit scharten sich vier Bullen um sie und hofften darauf, dass der jeweils andere aufgab. Ngasha und Jasiri schienen unglücklich, so als ob sie ihre Pflicht, Sonje zu verteidigen, nicht erfüllt hätten. Abends, auf dem Rückweg ins Stallgelände, schmiedeten die Keeper einen Plan. Sie wussten, dass Kiasa und Kiombo Sonje vermissten und dass Sonje müde von der ganzen Aufmerksamkeit war. Als die Bullen Sonje kurz für eine Fresspause aus den Augen ließen, riefen die Keeper sie ins Stallgelände und schlossen das Tor. Die Waisen waren überglücklich, und alle hatten eine friedliche und erholsame Nacht.

Aber wir hatten auch weniger aufdringliche Besucher. Eines Morgens waren Lima Lima und Mwashoti ganz aus dem Häuschen, als ein paar wilde Elefanten mit einem winzigen Baby am Wasserloch standen. Das Baby kam sogar von seiner Mutter herüber zu Lima Lima und Mwashoti. Mwashoti war furchtbar erschrocken über diese unerwartete Entwicklung und legte den Rückwärtsgang ein. Lima Lima dagegen spielte unter Aufsicht von Mutter und Kindermädchen mit dem Baby. Faraja und Lima Lima kamen auch hinzu, um sich das Baby genauer anzuschauen, aber da zogen die wilden Kühe mit dem Nachwuchs schnell weiter. Sie hatten kein Problem mit Lima Lima, einer jungen Kuh, aber Jungbullen machten sie nervös.

Enkesha ist zwar noch jung, aber sehr interessiert daran, einmal Leitkuh zu werden. An einem Tag hatte sie niemanden, den sie anführen konnte, und so trieb sie Maktao, Kiombo und Kiasa weg von Zongoloni, Lima Lima und Sonje und einer größeren Gruppe Elefantenwaisen. Sie wollte ihre Führungsqualitäten vorführen und hungerte danach, neue Erfahrungen zu machen. Als Kiombo, der beste Freund von Sonje, merkte, dass Enkesha ihn von Sonje trennen wollte, drehte er um und versteckte sich hinter Sonje. Daraufhin folgte ihm auch Kiasa, und am Ende blieb nur Maktao bei Enkesha.

Am 23. April regnete es frühmorgens ein klein wenig. Kiombo, Enkesha, Maktao und Kiasa sträubten sich, aus ihren Nachtlagern zu kommen. Als Murera den Anfang machte, folgten auch Enkesha und Maktao und schließlich alle anderen Waisen. Der Hunger nach Luzerne-Pellets war schließlich größer als die Angst vor dem Naßwerden. Sie ist zwar sehr ruhig, aber Murera ist eine Vollblut-Leitkuh. Jeden Morgen inspiziert sie jeden einzelnen Stall, als ob sie sich versichern wolle, dass alle Waisen gut geschlafen haben. Genauso auch am Abend, bevor alle schlafen. Sie schaut bei jedem Einzelnen noch einmal vorbei, besonders bei Maktao und Enkesha, die in einem anderen Block schlafen. Sie muss sich unbedingt vergewissern, dass alle sicher in ihrem Nachtlager untergekommen sind.