Die Waisen im März

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe: März 2019

 

Diesen Monat ereilte uns ein weiterer Schicksalsschlag: Unser kleiner Sonnenschein, Breitmaulnashornbaby Maarifa, ist gestorben. Seither ist die Stimmung verständlicherweise düster, auch dann noch, als ein weiterer kleiner Elefant aus der Masai Mara zu uns kam, dessen Mutter dem Konflikt zwischen Wildtier und Mensch zum Opfer fiel. Das kleine Kälbchen wurde mit Aufmerksamkeit überschüttet, weil sich alle mit etwas Schönem ablenken wollten. Daher ging die Eingewöhnung für den kleinen Bullen ungwöhnlich schnell und er wird bald ins Waisenprogramm aufgenommen werden. Seit Dame Daphne die Formel für die Ersatzmilch zur Aufzucht von Waisenelefanten entwickelt hat, konnten wir 244 Elefanten auswildern. Aber trotz all dieser Erfahrungen und Erfolge, trifft uns der Tod eines unserer Schützlinge jedes mal hart.

 

Diesen Monat sahen wir deutliche Veränderungen in Malima, die für ihre gespaltene Persönlichkeit bekannt ist – manchmal ist sie super gut drauf, andere Male super schlecht. Aber in den letzten Wochen war sie wunderbar aufmerksam, geradezu mütterlich gegenüber der kleinen Larro, die Anfang des Jahres zu uns kam. Es ist entzückend zu beobachten, wie sie es morgens kaum erwarten kann, ihren Stall zu verlassen, um ihren kleinen Schützling in den Park zu begleiten. Larro scheint sich ihrer Privilegien vollkommen bewusst und manchmal trompetete sie ganz ohne Grund, nur um zu schauen, was passieren würde. Natürlich kamen Malima und einige andere der älteren Kühe immer sofort herbeigerannt. Jedes arglose Elefantenwaise, das neben ihr steht, muss damit rechnen, einen erzieherischen Schubs abzufassen. Die arme Emoli wurde an einem Tag durch Malima von der Herde verjagt, aber die Keeper gaben ihr eine Extra-Portion Trost und Aufmerksamkeit. Sattao ist kürzlich in den Stall neben Larro umgezogen und hat seitdem einen ausgeprägten Beschützerinstinkt ihr gegenüber entwickelt. Er passt draußen im Busch auf sie auf und überprüft abends vor dem Einschlafen, ob es ihr gut geht.

 

Malima, Tamiyoi, Ambo und Maisha lieben ihre Luzernepellets und werden oft dabei beobachtet, wie sie morgens aus ihrem Stall zum Futterlager rennen und mit ihren Rüsseln nach Resten suchen. Maisha mag den Trubel überhaupt nicht und protestiert manchmal lautstark mit Trompeten. Das wiederum erschreckt Tamiyoi, Ambo und Malima. Maisha nutzt dann die Gunst der Stunde und grabscht sich so viele Pellets wie möglich, bevor die anderen zurückkommen! Die Waisen formieren manchmal ihre eigene kleine Gruppe am Morgen, wenn sie aus ihren Ställen kommen. Enkesha übernimmt normalerweise die Führung der Gruppe mit Dololo, Mukkoka, Larro, Ambo, Malima und Larro. Die kleine Herde verbringt manchmal stundenlang damit, alleine zu grasen bevor sie um 9 Uhr wieder zu den anderen gehen. Enkesha ist eine der sanftmütigsten Elefanten und seit Neuestem säuft sie Wasser direkt aus der Wasserleitung, die die Suhle speist. Trotz ihrer Rüsselverletzung ist das eine viel schnellere und lustigere Art des Saufens, als zur Tränke zu gehen. Sie hat sich gut an ihre Behinderung angepasst und kann ihren Rüssel um die Narbe, die die Drahtschlinge hinterließ, so anspannen,  daß sie den Unterdruck erzeugen kann, der nötig ist, um Wasser anzusaugen. Es hat eine Weile gedauert, bis ihr das gelungen ist, aber jetzt kann sie ihren Rüssel erstmals zum Wassersaufen benutzen!

Mukkoka und Dololo sind immer noch sehr enge Freunde und werden oft beim gemeinsamen Grasen beobachtet. Sie kamen etwa zur gleichen Zeit zu uns und verbrachten viel Zeit zusammen, bevor sie in die große Herde eingeführt wurden. Außerdem sind sie Stallnachbarn – alles gute Voraussetzungen für eine Freundschaft für’s Leben. Dololo hat so viel Gewicht zugelegt, daß er kaum wiederzuerkennen ist. Mit den zusätzlichen Kilos hat er auch an Selbstbewußtsein zugelegt und es gelang ihm sogar, von Sattao einen Zweig zu klauen und den damit verbundenen Ringkampf zu überstehen!

 

Unser jüngster Neuzugang ins Waisenprogramm ist Nabulu, eine junge Kuh, die anfangs schwer zu bändigen war, sich mittlerweile aber gut in die Nursery-Herde integriert hat. Sie hängt sehr an den Keepern und hält sie ständig auf Trab. Tagwa, Sagala, Emoli, Tamiyoi und Kuishi verstehen sich gut mit ihr und gehen morgens zuerst in ihren Stall, um sie zu begrüßen und dann gemeinsam in den Busch. Tagwa verkörpert immer noch alle Eigenschaften einer guten Leitkuh und wird in ihrer Aufgabe von Tamiyoi unterstützt, die seit jüngstem Alter in der Nursery ist, so daß all ihre mütterlichen  Eigenschaften tatsächlich angeboren sind.

 

Luggard wächst und gedeiht und ist immer noch Stallnachbar von Musiara. Beide sind jetzt bereit für einen größeren Stall, aber da die kalte Jahreszeit ansteht, lassen wir die Beiden noch in ihren warmen, kuscheligen Unterkünften. Die Beiden sind beste Freunde und Musiara passt immer auf Luggard auf. Ende März war es heiß, staubig und trocken, und wir hofften inständig, daß es bald regnet.

 

Unsere Nashörner: Eines Morgens behelligte Sattao den armen Maxwell, als der in Spiellaune war. Der ausgebuffte kleine Elefant rannte geradewegs auf den blinden Nashornbullen Max zu, der an seinem Gatter neben Sattaos Stall stand. Sattao begann, mit seinem Rüssel an Maxwells Ohr zu ziehen und war so hartnäckig, daß Max letztlich aufsprang und mit Schniefen und Scharren davon zog. Maktao stieg in das Spielchen mit ein und fasste Maxwell am Ohr, als der wieder zurückkam, weil er den Elefanten offenbar nicht böse sein kann. Sattao war begeistert und begann zu trompeten, und das war offenbar zu viel für Max und jetzt begann er zu drohen. Maxwell musste in der trockenen Jahreszeit sein Gehege mit zahlreichen Warzenschweinen teilen, die es auf seine Luzernepellets abgesehen hatten. Aber er ist tolerant und definitiv nicht egoistisch. Und obendrein scheint er die Gesellschaft der kleinen Schmarotzer sogar zu genießen. Shabby, unser verwaister Heiliger Ibisvogel, verbringt die meiste Zeit mit Max – er schläft sogar bei ihm! Shabby ist eine Offenbarung: Wenn er wollte, könnte er einfach in den Park fliegen und seine Zeit mit anderen Ibisvögeln verbringen. Aber nein, er bleibt in der Nursery bei seinen zwei- und vierbeinigen Freunden und fliegt nur ab und an auf eine Runde aus.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: März 2019

 

Wegen der Trockenheit gab es wieder viele wilde Elefanten in der Gegend, die sich um die – unter anderem auch künstlich angelegten – Wasserlöcher versammelten. Dadurch hatten die Waisen fast jeden Tag Kontakt zu wilden Artgenossen. Das verläuft auch meistens sehr friedlich. Die Waisen strecken ihre Rüssel nach ihren wilden Freunden aus und initiieren manchmal sogar Spiele. Diese Kontakte sind große Erfolgserlebnisse und sehr wertvoll für die Waisen. Das einzige Mal, dass nicht alles reibungslos ablief, war, als die Waisen es nicht abwarten konnten und zur Begrüßung so stürmisch auf die wilde Herde zurannte, daß diese Angst um ihren Nachwuchs hatte und sich auf und davon machte.

 

Einmal trafen die Waisen mit ihren Keepern einen großen wilden Bullen mit riesigen Stoßzähnen. Sogar die Waisen hielten inne und starrten ihn ehrfürchtig an. Kihari, Kenia, Ndii, Arruba und Araba rannten auf und davon, als er sie begrüßen wollte – das war einfach zu viel für ihre Nerven! Mbegus Herde hielt einen ordentlichen Sicherheitsabstand und hielt ihren Rüssel in die Höhe, um ihn zu wittern. Nach einer zehnminütigen Fresspause fühlten sich Mbegu und Ndotto sicher, um sich ihm ein bißchen zu nähern – aber ganz langsam. Der Bulle zog irgendwann weiter in Richtung Mzima-Mombasa Wasserleitung und ließ für den Rest des Tages ein paar wahnsinnig beeindruckte Nachwuchsbullen zurück. Aufgrund eines Lecks in der besagten Wasserleitung gab es diesen Monat einmal akuten Wassermangel. Zum Glück hatten wir das Kanderi-Bohrloch als Reserve, das seinerzeit durch den Sheldrick Wildlife Trust gebohrt wurde, und mit dem Wasser konnte das Wasserloch am Affenbrotbaum gespeist werden und damit sicherstellen, daß kein Wildtier verdursten musste.

 

Dicke Regenwolken bauen sich auf und wir hoffen, daß es bald regnet. Die Waisen nutzten fast täglich die Suhle, um sich mit einer dicken Schlammschicht abzukühlen, aber natürlich auch, weil das Rutschen und Wälzen im Schlamm Spaß macht. Die Suhle ist aber auch bei anderen Tieren außer unseren Waisen beliebt und wird stark frequentiert von Büffeln, Zebras, Impala-Antilopen und vielen anderen.

 

Obwohl Kenia, Kihari, Ndii, Panda, Ishaq-B und Ndoria mittlerweile keine Milch mehr brauchen, brauchen sie nach wie vor ihre Keeper und den Rest der Waisenherde. Aus dem gleichen Grund grast auch Mbirikani oft mit der Herde, verbringt die Nächte aber im Busch. Wir freuen uns sehr, sie nach langer Abwesenheit wohlerhalten zurück zu haben. Die älteren Kühe in der Herde scheinen sie auch in der Nähe der Babies zu tolerieren.

 

Kihari, Kenia und Ndii buhlen alle um die Aufmerksamkeit und Zuneigung von Tahri, das verhätschelte Baby der Gruppe, das sogar noch jünger ist als Mbegus Herde aus der Nursery. Diese hält sich etwas distanziert vom Rest der Voi-Herde und scheint manchmal überfordert von der Überschwänglichkeit durch Ishaq-B, Panda oder Ndii. Natürlich spielen alle gemeinsam, aber Mbegus Herdenmitglieder sind ihrer Anführerin gegenüber sehr loyal und würden sich niemals völlig von ihr loslösen. Tahri hängt besonders an Kenia aber liefert sich gerne Wettrennen um die Milchflaschen mit der gleichaltrigen Godoma.

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: März 2019

 

Der März ist für gewöhnlich der heißeste Monat in Kenia, kurz bevor die lange Regenzeit im April beginnt. Die Hitze brachte auch Yattas Herde Ex-Waisen mit ihren acht in der Wildnis geborenen Babies, aber ohne Malkia, Mwende, Bongo, Teleki und Ololoo, zum Stallgelände zurück. Die Sicherheit von Futter und Wasser ist einfach nicht von der Hand zu weisen! Kithaka, Barsilinga und Garzi sind tagsüber alleine unterwegs, kommen über Nacht aber ins Stallgelände zurück. Manchmal sind sie in Begleitung von Olares Herde, die mit Lualeni und Lulu jetzt komplett sind. Chemi Chemi ist auch Teil von Olares Herde, hat von den Keepern aber den Spitznamen „Eigenbrötler“ bekommen, weil sie gerne allein ist. Sie ist aber nicht asozial und manchmal auch sieht man sie in Begleitung von Mutara und Naroks Gruppe. Orwa sah man diesen Monat nicht mehr so oft mit Narok und Bomani, dafür aber Chemi Chemi mit Bomani.

 

Bei dieser Hitze verbringen die Waisen den Großteil des Nachmittags im Schatten der Bäume. Danach schlagen sie sich im Busch noch einmal den Bauch voll, bevor sie den Heimweg antreten. Dieser führt sie für gewöhnlich durch ihre Lieblingspfütze oder das Wasserloch, um sich vor der Nacht noch einmal abzukühlen. Sogar Kauro, der die Suhle sonst um jeden Preis vermeidet, wurde beim Baden gesehen – allerdings ist er fast im Schlamm stecken geblieben.

 

Das heiße Wetter bringt alle möglichen Verhaltensweisen in den Elefanten hervor. Sogar die sonst so artige Oltaiyoni versuchte, sich eine Extra-Flasche Milch zu stibitzen. Sie hatte einfach zu großen Durst und als sie merkte, daß die Keeper nicht aufpassten, nutzte sie die Gelegenheit und rannte mit der Flasche auf und davon. Als die Keeper sie einholten, hatte sie schon die Hälfte ausgetrunken! Die ausgebuffte Mteto versuchte ihr Bestes, ihren Rüssel in Namaloks unbewachten Milcheimer zu verstecken. Die Keeper erwischten sie aber noch rechtzeitig und sie bekam nur einen Rüssel voll und rannte weg, bevor sie bestraft werden konnte. Es scheint, als hätte sie sich einige ihrer Nursery-Streiche gemerkt!

 

In dieser Jahreszeit versuchen die Elefanten, so viele Nährstoffe wie möglich aus Baumrinde zu bekommen. Sie ziehen sie von Ästen und Stämmen ab und kauen sie für eine lange Zeit. Außerdem verbringen sie weniger Zeit mit Spielen als mit Fressen. Unsere Waisen haben aber besonderes Glück und bekommen sowohl morgens als auch abends Zusatzfutter in Form von Luzernepellets.

 

Namalok und Karisa hatten einmal eine Auseinandersetzung über ein bißchen Grünzeug, das Namalok gefunden hatte, aber das auch Karisa wollte. Die jungen Bullen entschieden sich, das Problem auszufechten und begannen sich zu schubsen. Während die Beiden mit Streiten beschäftigt waren, schlenderte Enkikwe unbehelligt vorbei und fraß die Beute – und als Namalok und Karisa sich letztlich entschlossen hatten, das Grünzeug zu teilen, war davon nichts mehr übrig!

 

Die Waisen haben natürlich nicht komplett das Spielen eingestellt, schließlich sind sie immer noch Babys, und die jungen Bullen sind ganz besonders aufgeweckt. Mundusi ist der Verspielteste von allen und dick wie eine vollgesogene Zecke, was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, daß er bei seiner Ankunft im Dürrejahr 2017 nur Haut und Knochen war. Er hat Spaß daran, seine älteren Artgenossen zu Rangeleien herauszufordern, die er natürlich nie gewinnt! Eines Tages versuchte Rapa auf Mteto aufzusteigen – keine gute Idee, denn die jungen Kühe kamen ihr sofort zu Hilfe, denn obendrauf war Mteto noch zwei Jahre jünger als Rapa! Dupotto drückte ihn mit nur einer Bewegung zu Boden.

 

Die Waisen spielen immer gerne mit in der Wildnis geborenen Elefanten, besonders Malkia, die ein großes Faible für Babys hat. Olsekki hatte Glück und konnte kurz mit Baby Gawa spielen. Das Spiel endete aber abrupt, als Gawas Mutter Galana sich näherte und Olsekki Angst vor Strafe bekam. Die Waisen werden immer streng von den Kindermädchen überwacht, wenn sie mit den wilden Babys spielen. Elefanten sind einfach vernarrt in ihren Nachwuchs.

 

Manchmal fragen wir uns, ob Nasalot damit gerechnet hat, daß ihr Nachwuchs (Nusu) so ein ausgebufftes kleines Schlitzohr werden würde? Naseku liebt es genauso sehr wie Malkia, mit Elefantenbabys zu spielen. Als Nusu ihn auf einen Ringkampf herausforderte, war er sehr feinfühlig mit dem kleinen Rowdy. Esampu andererseits scheute sich nicht, auch zurückzuschubsen und ließ nicht wieder von Nusu ab, bis dessen Mutter Nasalot auftauchte und sich Esampu wieder unter die Meute mischte!

 

Am Morgen des 2. März standen die Ex-Waisenbullen Chyulu und Rapsu mit einem wilden Elefantenbullen im Stallgelände, als die Waisen aus ihren Ställen kamen. Danach zogen sie in den Park weiter, also in den 3000 km² großen, nördlichen Teil des Nationalparks Tsavo-Ost. Am 16. März sahen wir Ex-Waisenbulle Tomboi mit zwei wilden Artgenossen und nahm sofort an der Luzernefütterung teil! Er schaffte einen Ballen zur Seite und fraß ungestört. Chaimu versuchte, sich Tomboi zu nähern, aber der wollte nicht. Den kleinen Bullen Tusuja tolerierte er allerdings wenig später an seiner Seite und teilte sogar sein Futter mit ihm!

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: März 2019

 

Auch in Kibwezi war es heiß, aber der Wald spendet viel mehr kühlenden Schatten vor der unerbitterlichen Sonne. Auch viele Wildtiere suchen jetzt hier Futter, Wasser und Schutz vor der Hitze. Es ist nicht nötig zu betonen, daß unsere hellhäutigen Jungbullen Jasiri und Faraja und die körperlich eingeschränkten Murera, Sonje und Mwashoti es unter diesen Bedingungen besser haben als im Tsavo-Nationalpark. In den Morgenstunden sieht es oft nach Regen aus, am Mittag ist es heiß und die Waisen können das Schlammbad kaum erwarten. Diese werden jetzt auch oft richtig in die Länge gezogen. Weil jetzt so viele Wildtiere im Wald sind, können die Waisen dadurch viele neue Kontakte knüpfen und Erfahrungen mit wilden Artgenossen sammeln. Uns ist aufgefallen, daß sich die wilden Elefantenherden mittlerweile im Umgang mit den Keepern viel selbstbewusster und entspannter verhalten. Sie scheinen Vertrauen gefaßt zu haben, bleiben gerne eine Weile im Stallgelände und bei den Waisen; sogar wenn sie einen der Keeper sehen oder hören. Ein Bulle war sogar so wagemutig, daß er sich eines Tages an das Auto wagte, auf dem die leeren Milchflaschen lagen. Die wilden Herden kommen oft nachts, besonders zum Saufen. Sie ziehen das frische Quellwasser dem aus den Wasserlöchern vor.

 

Daß sie jetzt zutraulicher gegenüber den Keepern sind, ist ein sehr gutes Zeichen. Genau so fing es auch in der Auswilderungsstation in Ithumba an. Die Interaktionen werden häufiger und länger, bis zu dem Punkt, an dem es schwierig wird, einen wilden Elefanten in der Waisenherde zu erkennen, weil alle Zwei- und Vierbeiner so vertrauensvoll miteinander sind. Manchmal sind mangelnde Umgangsformen der Waisen schuld, warum eine Begegnung vorzeitig abgebrochen wird. Sie wissen einfach noch nicht, was sie in der Elefantengemeinschaft tun dürfen und lassen müssen. Jasiri zum Beispiel war so frech, ungefragt den Unterbauch eines der wilden Bullen abzuschnüffeln, was natürlich dazu führte, daß der ihn verscheuchte – viel zu nah, viel zu früh!

 

Lima Lima in der Regel die Erste, die zu wilden Herden oder Bullen Kontakt aufnimmt, wenn sie sie im Wald treffen. Ngasha war eines Tages eifersüchtig auf einen wilden Bullen und lief auf ihn zu, um ihn zu schubsen. Ganz offensichtlich hatte er überhaupt nicht begriffen, wie viel größer und stärker der Bulle eigentlich war. Er versuchte, ihn an seinem Bein umzuschieben, bis der Bulle die Geduld verlor und ihn in die Wüste schickte. Ziwa und Faraja hörten Ngasha um Hilfe rufen und rannten sofort zur Stelle. Als sie ihn fanden, versteckte er sich unter einem Baum. Ziwa versuchte sein Bestes, ihn zu beruhigen, während Faraja Wache schob, falls der wilde Bulle zurückkam.

 

Murera und Sonje lassen mittlerweile die ein oder andere Milchflasche aus, denn sie werden langsam von der Milch abgesetzt. Aber wie viele unserer Voi-Waisen, sind sie ohne ihre Keeper, den Rest der Herde und ihr geschütztes Nachtlager in der Wildnis noch nicht allein überlebensfähig. Außerdem sind sie als Älteste verantwortlich für den Rest der Herde, zum Beispiel den kleinen Mwashoti!

 

Mwashoti und Alamaya sind zwar etwa gleich alt, aber Alamaya ist viel ungestümer als Mwashoti, der grundgütig ist. Während seine furchtbare Drahtschlingenverletzung ausheilte, waren die Keeper ständig um ihn herum. In letzter Zeit nahmen wir einige Persönlichkeitsveränderungen an ihm war, er ist dickköpfiger und verspielter, aber die anderen Waisen sind immer noch vernarrt in ihn. Junge Kühe, wie Zongoloni, kann man dabei beobachten, wie sie immer noch aufpassen, daß er nicht zu hart rangenommen wird, zum Beispiel bei Ringkämpfen, die zwischen jungen Bullen ganz normal sind. An einem Tag schubste Mwashoti Quanza beim Luzernefressen, aber weder Murera noch Sonje reagierten oder bestraften ihn gar. Vielleicht bekommt er diese Narrenfreiheit nur, weil er immer noch der Kleinste ist. Oder aber vielleicht auch, weil er öfter geärgert wird und sie wollen, daß er sich wehren lernt.

 

Lima Lima und Quanza waren eines morgens so ungeduldig zum Grasen in den Busch zu kommen, daß sie die Gatterpfosten so sehr anrempelten, daß diese beschädigt wurden. Als die Keeper mit den morgendlichen Milchflaschen kamen, sahen sie, daß die Gattertür kaputt war. Lima Lima war schon immer freßgierig, aber jetzt fanden die Keeper heraus, daß Quanza genauso unleidlich sein kann und wahrscheinlich hat sie sich dieses Verhalten von Lima Lima abgeschaut.