Die Waisen im Januar

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe in Nairobi: Januar 2022

Für unsere Nursery-Herde begann das neue Jahr sehr heiter. Sobald sie vormittags im Wald angekommen waren, starteten Mukkoka, Naboishu, Larro, Barnoti, Bondeni, Roho, Suguroi, Olorien und Kinyei ihre Scheinangriffe, schlugen auf die Büsche ein und trompeteten aufgeregt. Je näher der Termin des Umzugs für Mukkoka, Naboishu und Larro kam, desto weniger Zeit verbrachten sie mit den anderen jüngeren Waisen. Sie waren sehr damit beschäftigt, das Aufsteigen auf den Lkw-Anhänger zu üben, schienen aber auch sonst aus der Nursery herausgewachsen und blieben lieber unter sich. So konnten sich die Jüngeren schon an ihre Abwesenheit gewöhnen, noch bevor sie nach Ithumba umgezogen waren.

Aber die Umzüge sind immer eine große Sache – sowohl für die Waisen, die umziehen, als auch für die Keeper, die sie bis hierher aufgezogen hatten und auch für die zurückbleibenden Waisen-Elefanten. In den frühen Morgenstunden des 8. Januar war es dann soweit: Larro, Mukkoka und Naboishu stapften wie Profis über die Rampe in den Lkw-Anhänger und traten ihre Reise in den Nationalpark Tsavo-Ost an. Der Umzug verlief völlig reibungslos, und das Trio hat sich in ihrem neuen Zuhause schnell gut eingelebt. Die Ithumba-Keeper nannten sie die „Musterschüler“, weil sie sich so schnell in den neuen Alltag eingefügt haben.

In der Nursery ging das Leben weiter. Kindani und Naleku übernahmen sofort die Führung der Herde, was zu ein paar komischen Machtkämpfen führte. Als die Waisen morgens in den Busch ziehen wollten, konnten sich Naleku und Kindani nicht auf einen Plan einigen. Naleku wollte alle in den Park führen, und Kindani wollte in die entgegengesetzte Richtung – in den Wald. Nach ein bisschen Hin- und Hergekoller baute sich ein Disput auf und die Herde war hin- und hergerissen, mit wem sie jetzt in welche Richtung loswandern sollte. Kerrio und Mukutan wurden unabsichtlich zu Vermittlern. Mukutan folgte seiner Kindani und rannte aus Versehen Kerrio um. Der kleine Elefant schrie auf vor Schreck und rief damit Kindani und Naleku auf den Plan. Als sie festgestellt hatten, dass mit ihm alles in Ordnung war, vergaßen die beiden Kühe ihren Zwist und führten die Gruppe gemeinsam in den Wald.

Roho hat sich in der Zwischenzeit auf die Suche nach einem neuen Sparring-Partner gemacht. Er ist zwar nicht der älteste Bulle in der Nursery, ist allerdings schon am längsten hier, weil er bei seiner Rettung erst zarte neun Monate alt war. Daher führt er sich gerne einmal als Platzhirsch auf. Er hat bisher gerne mit Mukkoka und Naboishu gerungen und schien sich zu fragen, ob Oldepe und Barnoti ein angemessener Ersatz wären. Aber die beiden jungen Bullen waren noch recht neu in der Nursery und schienen nicht erpicht darauf, sich mit Roho anzulegen. Die kleine pummelige Kinyei ist seither seine liebste Trainingspartnerin geworden, und zwischen den beiden hat sich eine richtige Freundschaft entwickelt.

Auch Rama und Barnoti haben sich angefreundet. Beide sind sehr ruhige Jungbullen, die es bevorzugen, gemütlich zu fressen statt zu ringen. Barnoti ist zu Ramas großem Schatten geworden und folgt ihm auf Schritt und Tritt. Am Monatsende hat sich ihnen auch Oldepe angeschlossen. Zur großen Erleichterung der Keeper hat er seine Marotten abgelegt. Die drei Bullen verbringen auch viel Zeit mit Ziwadi, die schon immer Ramas Freundin gewesen ist. Latika und Mukutan scheinen ebenfalls Seelenverwandte und viel schüchterner als der Herden-Durchschnitt. Die meiste Zeit verbringen sie damit, sich gegenseitig durch den Wald zu folgen. Manchmal versuchen sie auch, sich von der Herde abzusetzen und zurück ins Stallgelände zu schleichen. Aber die Keeper haben sie im Auge und holen sie dann wieder zurück – zu ihrer eigenen Sicherheit können sie in diesem Alter noch nicht allein durch den Busch ziehen!

Unser Freigeist Ziwadi hat nach wie vor immer eine kleine Entourage beim Grasen um sich herum. Zu viel Trubel um sich herum mag sie nicht, aber sie ist glücklich, wenn sie Latika, Mutukan und Taabu um sich herum hat. Die drei sind ebenso sanftmütig und überschreiten keine Grenzen.

Jede Herde hat ihren eigenen Milch-Besessenen, und es scheint, als hätte Suguroi diese Rolle von Naboishu übernommen. Sie ist sehr gierig und sorgt mittlerweile auch für Unruhe bei der Fütterung. Die Keeper geben ihr jetzt – wie bei Naboishu – erst die Flasche, wenn alle anderen in Ruhe ausgesoffen haben. Auch bei Esoit hat sich die Milchgier manifestiert, er bettelt bei den Keepern um Nachschlag, versucht, Flaschen aus der Schubkarre zu klauen oder sie seinen Artgenossen vom Maul wegzureißen! Ironischerweise bekommen er und Surugoi ohnehin schon eine Flasche mehr als früher, aber das scheint sie nur noch gieriger gemacht zu haben. Eine kurze Auszeit ist für sie jetzt schon fest im Tagesprogramm eingebaut. Esoit ist zwar fressgierig, aber ansonsten sehr lieb. An einem Tag rannte Naleku zur Milchfütterung und ließ – was sonst gar nicht ihre Art war – Kerrio zurück. Wahrscheinlich war sie entweder zu hungrig oder zu aufgeregt. Aber es gab auch keinen Grund zur Sorge, denn Esoit nahm sich der kleinen Kerrio an und führte sie zu ihrer Flasche.

Während Surugoi den Titel des Fressgierigsten hat, gebührt Rama der Titel des Lautesten! Er brüllt, wann immer er vor Aufregung nicht mehr an sich halten kann – also meistens, wenn es Milch gibt. Selbst während des Saufens stößt er zwischen den Schlucken immer wieder einen Brüller aus. Bei Naboishu gab es immer viel Tumult, bevor er seine Flasche bekam, aber beim Saufen selbst verstummte er. Es scheint fast so, als ob Rama den Keepern immer wieder für die leckere Milch danken will!

Olorien hat eine Persönlichkeit, die von starken Gefühlsschwankungen geprägt ist, und sie erinnert uns an Kiasa. Sie ist sehr fürsorglich und liebevoll, aber kann auch eine richtige Unruhestifterin und Tyrannin sein. An einem Tag war sie den ganzen Nachmittag damit beschäftigt, Naleku zu verscheuchen, nur damit sie Kerrio für sich ganz alleine haben konnte. Kerrio gegenüber ist sie sehr mütterlich. Und auch das erinnert uns an Kiasa, die trotz all ihrer Eskapaden die Jüngsten immer mit Vorsicht und Fürsorge behandelte. Dabei kann Kerrio durchaus auf sich selbst aufpassen! Sie ist sehr selbstbewusst und läßt sich kaum von irgendetwas aus der Ruhe bringen. An einem Nachmittag war sie völlig vertieft dabei, ein Warzenschwein-Frischling umherzujagen. Die Keeper waren erstaunt, wie mutig und ausgelassen sie dem Warzenschwein begegnete. Sie flatterte dabei verspielt mit ihren kleinen Ohren und kollerte.

Kamili hat seit ihrer Ankunft große Fortschritte gemacht. Sie sieht nicht nur sehr gesund und glücklich aus, sondern wird auch immer selbstbewusster. So wie Suguroi hat sie sich alle Fresspfade im Nairobi Nationalpark eingeprägt. Dazu hatte sie viel Gelegenheit, wann immer sie mit Bondeni und Roho unterwegs war. Tingai ist schüchtern und sucht immer noch seinen Platz in der Nursery-Herde. Manchmal ist er sehr fröhlich und selbstbewusst, andere Male ist er sehr ruhig und zurückgezogen. Aber er ist ja auch noch nicht lange da und ist immer noch auf der Hut vor den Keepern – jederzeit bereit zur Flucht! Er hat seine Mutter durch Menschenhand verloren und war selbst dabei verletzt worden, daher ist seine Wachsamkeit völlig nachvollziehbar. Diese Traumata können nur mit der Zeit heilen, und Tingai macht schon sichtliche Fortschritte!

Sagateisa ist immer noch schwach, so dass die Keeper und die älteren Waisen rund um die Uhr auf sie aufpassen. Während die Herde an ihr vorbei zur Milchfütterung rennt, lässt sie es gemütlich angehen und läuft so schnell, wie sie eben kann. Einmal hat Ziwadi sie begleitet und immer wenn einer der Artgenossen an ihr vorbeirennen wollte, ging sie einen Schritt beiseite – und Ziwadi tat es ihr nach. Sagateisa schien sehr glücklich über ihre Begleitung zu sein.

In der Nacht zum 18. Januar kam ein neues Elefantenbaby aus dem Loisaba Schutzgebiet in Laikipia, im nördlichen Kenia, an, das wir Lodo nannten. Obwohl Kindani, Kinyei, Bondeni und Olorien recht verteilt im Stallgelände untergebracht waren, gab es ordentlich Unruhe. Die Waisen kollerten, trompeteten und schepperten an ihren Stalltüren. Als sie dann morgens endlich aus ihren Ställen gelassen wurden, stürmte Kindani von Stall zu Stall, um herauszufinden, wo der Neuankömmling untergebracht war. Sie fand ihn in Oldepes Stall und begrüßte ihn mit einem sehr tiefen Kollern. Das rief Naleku, Kinyei, Roho, Bondeni und Olorien auf den Plan, und sie alle hießen den kleinen Lodo herzlich willkommen.

An heißen Tagen gönnen sich die Waisen gerne ein Schlammbad, und an einem Tag gesellten sich mehrere unserer Neulinge hinzu. Taabu, Tingai, Latika, Kamili und Choka waren in der Mitte der Suhle, rollten sich im kühlen Schlamm und bespritzten sich mit Wasser. Sie alle waren tief entspannt und harmonierten großartig miteinander. Bis Naleku der Stimmung abrupt ein Ende setzte, weil sie Kerrio beschützen wollte. Sobald Kerrio in die Suhle stieg, scheuchten die älteren Kühe alle anderen fort. Die ließen sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen und wälzten sich einfach im Dreck weiter.

Naleku ist eine tolle Mini-Leitkuh, aber ihr ganzes Augenmerk liegt auf Kerrio! Choka ist noch kleiner als Kerrio, bekommt aber nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit. Aber zum Glück scheint er zufrieden zu sein mit dem, was er bekommt, und hat sich selbst Freunde gesucht. Er verbringt viel Zeit mit seinem Stallnachbar Taabu, und wir haben immer wieder beobachten können, dass sich Stallnachbarschaften zu lebenslangen Freundschaften entwickeln. Am 28. Januar kam eine dreijährige verwaiste Elefantenkuh aus Olmalo, die wir Neshashi nannten. Ihre Rettung war ein riesiger Kraftakt. Sie war furchtbar abgemagert, so dass sie direkt nach ihrer Ankunft mit Grünfutter und Wasser versorgt wurde. Kindani und Kinyei mobilisierten auch gleich wieder das Willkommenskomitee. Am ersten Morgen war sie noch sehr schüchtern, aber innerhalb weniger Tage freundete sich Neshashi mit den älteren Kühen der Nairobi-Nursery an.

Unsere Nashörner: Maxwell ist in prächtiger Verfassung. Er scheint jetzt ein kleines Morgenritual mit Bondeni zu haben. Wenn Maxwell morgens hört, dass die Waisen aufwachen, wartet er an dem Gatter, das direkt an Bondenis Stall angrenzt. Wenn Bondeni aus dem Stall kommt, grüßt er seinen Nashorn-Kumpel mit einem Rüsselwinken und beschäftigt sich eine Weile mit ihm durch die Gatterstäbe. An einem Morgen nutzten die Warzenschweine dieses kleine Ritual, um sich in Max‘ Gehege zu schleichen und von seinen Luzerne-Pellets zu fressen. Als der blinde Nashornbulle ihre Witterung aufnahm, drehte er sich wie ein Blitz herum und verjagte die Eindringlinge aus seinem Gehege. Bondeni wartete auf der anderen Seite und scheuchte sie wieder zurück – die Warzenschweine, mitsamt den Frischlingen, rannten zwischen Max und Bondeni hin und her, sehr zum Amüsement der beiden! Das Spiel endete erst, als sich Bondeni verabschieden musste, weil es zum Fressen in den Busch ging. Die Warzenschweine machten sich auf und davon, aber es dauerte keine paar Stunden, und sie waren zurück bei Max.

Im Rest des Nairobi Nationalparks gab es Zuwachs in der Spitzmaulnashorn-Familie! Am 31. Januar 2022 erhielten wir die Nachricht, dass unsere Ex-Waise Solio ihr zweites Kalb geboren hatte, ein gesundes kleines Nashornmädchen, das wir Savannah nannten. Ihr Erstgeborener, der zweieinhalbjährige Sultan, wächst und gedeiht und wurde seitdem öfter mit seiner Mutter und seiner kleinen Schwester gesehen. Solio war 2010 zu uns gekommen. Ihre Mutter war wahrscheinlich von Wilderern getötet worden, die der Spitzmaulnashorn-Population in Kenia schwer zugesetzt hatten. Sie kam als kleines und sehr eingeschüchtertes Nashorn, aber verliebte sich schnell in die Männer in Grün. Die Keeper zogen sie groß und halfen ihr bei der Eingliederung in die Nashorn-Population im Nairobi Nationalpark. Diese verlief reibungslos. Nashörner auszuwildern ist sehr schwierig, und in der Wildnis geborener Nachwuchs der allerbeste Indikator für deren Erfolg. Solio hat jetzt schon den zweiten Beitrag zum Erhalt ihrer Art geleistet!

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: Januar 2022

Für unsere Voi-Familie begann das neue Jahr vielverheißend: Am Morgen des 2. Januar, nach fast einem Jahr Abwesenheit, kam Edie mit ihrer Herde Ex-Waisen auf Besuch. Mit dabei war Icholta mit ihrer Erstgeborenen Inca und einem winzigen Baby, das wir Izzy nannten! Unter unseren Ex-Waisen ist es eine Art Tradition geworden, die neugeborenen Babys ihrer Menschenfamilie vorzustellen, von der sie damals aufgezogen wurden. Die Geburt eines Baby-Elefanten ist immer ein besonderer Moment, aber Izzys hatte Jubiläumscharakter. Es war das 45. Baby, das ein ehemaliges Waisenbaby in der Wildnis zur Welt gebracht hatte. Der Zeitpunkt konnte gar nicht treffender sein, denn das Jahr 2022 ist das 45. Jahr seit der Gründung des Sheldrick Wildlife Trusts! Was wir jetzt noch nicht wussten: Dieses Jahr wartete ein Baby-Boom auf uns – Ende Januar gab es bereits den nächsten Zuwachs.

Aber in der Zwischenzeit passierte noch einiges mehr. Das Auftauchen der Ex-Waisen inspirierte Kenia und ihre kleine Splittergruppe, sich ihnen anzuschließen. Besonders verlockend war natürlich die Aussicht auf die Position eines Kindermädchens, schließlich gab es ein Neugeborenes! Kenia, Ndii, Ishaq-B, Araba, Ndoria, Tundani, Mashariki, Naipoki und Panda schlossen sich Edies Herde an und überließen die restlichen 16 Waisen, die noch Milch bekamen, in der Obhut von Mbegu zurück.

Mbegu ist eine dieser Elefantenkühe, die schon als Leitkuh geboren wurden,  und sie ist mehr als bereit für ihren Einsatz. Sie hat eine wundervolle Stellvertreterin, Godoma, aber – ganz ehrlich – eigentlich braucht sie keine Stellvertreterin. Für Pika Pika war der Übergang vermutlich ein wenig verwirrend, da sie der Schützling von Kenia und Ndii war, aber Arruba hat die Rolle der Adoptivmutter im Nu übernommen. Sie hatte schon immer ein Auge auf Pika Pika und muss überglücklich sein, jetzt das „alleinige Sorgerecht“ bekommen zu haben!

Aber es sollte noch aufregender werden. Seit Wochen haben wir den Umzug von Lemeki und Thamana vorbereitet, der nun am 10. Januar stattfand. Die beiden Elefantenbabys wurden in der Kaluku Neugeborenen-Station aufgezogen, die 2018 für unsere jüngsten und schwächsten Elefantenwaisen errichtet wurde. Da die beiden in Voi niemanden kennen würden, waren wir bei diesem Umzug ganz besonders vorsichtig. Ihr Lieblingskeeper, Joseph, kam mit ihnen nach Voi und sollte so lange bleiben, bis sie sich gut eingelebt hatten. Als die beiden Neulinge von der Rampe des Umzugs-Lkw stiegen, ließen wir die Voi-Waisen in ganz kleinen, übersichtlichen Gruppen zu ihnen, um sie nicht zu verängstigen. Sagala, die Babys ganz besonders gern hat, ging direkt hinüber zu Lemeki, um sie zu begrüßen. Die kleine Lemeki war ganz überrascht, was ein so großer Elefant von ihr wollte, und nahm die Beine in die Hand. Sagala rannte ihr nach, um sie zu beruhigen, was aber nicht wirklich funktionierte, sondern Lemeki noch mehr verschreckte! Aber Joseph und die anderen Keeper schafften es, sie wieder zu besänftigen. Thamana wiederum war von der ersten Sekunde an in seinem Element. Er hielt sich auch an Joseph, aber war neugierig auf alles und genoss die Aufmerksamkeit in vollen Zügen.

Am nächsten Tag folgten Sagala und Tamiyoi Lemeki und Thamana auf Schritt und Tritt. Sagala war ein bisschen übermütig, und in ihrem Elan manchmal ein bisschen ungeschickt, besonders, als sie versuchte, die Babys mit ihrem Rüssel nah an sich heranzuziehen. Mbegu war am ersten Tag noch ein bisschen reserviert gewesen, aber zeigte nun ganz großes Interesse an Lemeki, während sich Ngilai und Ndotto besonders um den kleinen Bullen Thamana bemühten. Einen großen Schreck bekamen die beiden Neulinge versetzt, als eines morgens Edies Herde Ex-Waisen ins Stallgelände stürmte, und ihren Durst an der Tränke stillte. Waren sie kurz vorher noch überwältigt von Sagalas Größe (sechs Jahre), war die der Ex-Waisen (Edie ist 22!) eine ganz andere Hausnummer! Die Ex-Waisen waren allerdings fast nur mit Saufen beschäftigt. Nur Ndii und Kenia gingen zu Lemeki und Thamana hinüber, um sie mit ihren Rüsseln zu tätscheln und mit sanftem Kollern zu begrüßen.

Während Pika Pika ihre Ringkämpfe am liebsten mit der gleichaltrigen Inca austrug, rollte sich Godoma auf dem Boden, um den winzigen Izzy zum Spielen zu animieren. Es gelang ihr jedoch nicht, weil Kihari, das unglaublich aufmerksame Kindermädchen, Izzy weder aus den Augen noch mit irgendjemandem spielen ließ.

Sagala und Tamiyoi führten ihre recht offensive Adoptionskampagne fort und versuchten, so viel Zeit wie möglich mit Thamana und Lemeki zu verbringen. Sagala versuchte Tamiyoi sogar von den Babys fernzuhalten. Lustigerweise verbringen Thamana und Lemeki ihre Zeit anscheinend am liebsten mit Tagwa. Lemeki ist obendrein sehr beschützerisch gegenüber Thamana geworden, was ironisch ist, denn der kleine Bulle ist schon von jeher eher mit sich selbst beschäftigt, und die beiden hatten gar keine so enge Bindung, bevor sie nach Voi gekommen waren. Inzwischen sieht Lemeki rot, wann immer die Voi-Waisen ihn in Beschlag nehmen wollen.

All diese Veränderungen haben natürlich zur Folge, dass sich einige unserer Waisen auf einem Scheideweg wiederfanden. Wir sahen es eines Morgens, als Kenia und Ndii mit den Ex-Waisen loszuziehen begannen, sich aber auf halbem Wege zu fragen schienen, ob sie nicht doch bei Pika Pika, Thamana und Lemeki bleiben sollten. Letzten Endes entschieden sie, sich Edies Herde anzuschließen. Mit 14 bzw. 13 Jahren ist es nun auch wirklich an der Zeit, unabhängig zu werden. Auch Arruba schien hin- und hergerissen, ob sie Pika Pika nun zugunsten der jüngeren Thamana loslassen sollte. Aber sie hat nun so lange auf diese Gelegenheit gewartet, und jetzt, da Kenia und Ndii weg waren, konnte sie es sich nicht entgehen lassen, die Verantwortung für die kleine Pika Pika zu übernehmen.

Lemeki war schon immer eine passionierte Schlammsuhlerin. Zwar hat sie sich noch nicht in die große Suhle getraut, aber sie planscht schon versonnen in der Stalltränke, rollt sich darin herum und taucht ihren Kopf unter Wasser. Leider dachte Suswa, dass Lemeki dem Ertrinken nahe war, rannte ihr zu Hilfe und zog sie mit ihren langen Stoßzähnen aus dem Wasser. Suswas Besessenheit erreichte später im Januar ihren Höhepunkt. An einem Morgen pickte sie sich Lemeki fürs Grasen heraus. Dieses Mal wurde Thamana jedoch eifersüchtig, stieß Lemeki mit dem Kopf in den Hintern, um sie von Suswa wegzuschubsen. Die Rivalität hielt an, bis Sagala einschritt und Thamana mitnahm. Tagwa sah ihre Chance gekommen und begann, Thamana mit dem Rüssel zu tätscheln.

Bei Mudanda konnten wir diesen Monat eine tolle Verwandlung beobachten. Sie war bisher eher zurückhaltend, aber grob, wenn es ums Spielen geht. Daher war sie nie ein besonders begehrter Spielgefährte. Aber Ndotto schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, ihr zu zeigen, wie man freundschaftlich ringt und dabei richtig Spaß hat. Sie hatte immer mehr Freude am Spielen, und die Keeper sind furchtbar stolz auf Ndotto, der diese verborgene Seite an ihr erkannt und zum Vorschein gebracht hat. Ndotto ist eigentlich der Lieblingsspielgefährte von allen. Eines Morgens standen die Ladies alle bei ihm an, um eine kleine Runde Ringen mit ihm abzubekommen. Rorogoi war die erste, gefolgt von Mudanda und Arruba. Zum ersten Mal war Ndotto völlig erschöpft!

Ngilai ist ein anderer heißbegehrter Spielgefährte. Allerdings hat er es sich diesen Monat einmal ordentlich mit Tamiyoi verscherzt. Es begann unschuldig, als er auf Tagwas Rücken aufstieg. Aus uns unbekannten Gründen marschierte Tamiyoi wütend auf ihn zu und griff ihn ernsthaft an, während Tagwa hinter ihm hockte. Arruba, die nicht genau wusste, was der Trubel sollte, stellte sich instinktiv schützend über Pika Pika.

In dem Moment, wenn sich die Temperaturen abkühlen, meiden die Waisen auch das Schlammbad. An einem Nachmittag stand Emoli genau hinter Pika Pika am Ufer der Suhle und stupste sie vorsichtig hinein – ganz so, als ob er sie als Thermometer benutzen wollte. Embu ist immer für ein Bad zu haben und schmiss sich ohne zu zögern ins kühle Nass, während Tamiyoi sich für ein Mini-Bad in der Stalltränke entschied, wo das Wasser immer ein bisschen wärmer ist.

Am 26. Januar wuchs unsere Herde um ein weiteres kleines Mitglied. Lange, nachdem die Waisen in ihren Nachtlagern verschwunden waren, kam Edies Herde Ex-Waisen auf einen Schluck an der Stalltränke vorbei. Trotz der dunklen Nacht fiel den Keepern ein weiteres winziges Elefantenbaby inmitten der vielen Beine auf. Edies viertes Baby war zur Welt gekommen, und wir nannten den Kleinen Enzo! Am nächsten Morgen sahen die Keeper die Ex-Waisen am Fuße des Msinga-Berges fressen. Kenia und ihre Gruppe konnten ihr Glück kaum fassen, dass sie tatsächlich ein richtiges Neugeborenes in ihrer Mitte hatten, und stellten sich dicht um Enzo, so dass die Keeper kaum Fotos von ihm machen konnten. Alle stapften so voller Enthusiasmus davon, als ob sie für ihn eine Geburtstagsparade veranstalteten – und nur geladene Gäste hatten Zugang zum Ehrengast!

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: Januar 2022

Für unsere Ithumba-Herde begann das neue Jahr mit Vogelgezwitscher, blauem Himmel und Frühlingslaune – wobei man dabei sagen muss, dass eigentlich jeder Tag in Ithumba mit guter Laune und Frohsinn beginnt! Malkia und Sana Sana umschlangen ihre Rüssel, als ob sie sich ein glückliches Neues Jahr wünschten.

In den frühen Morgenstunden des 2. Januar erschien Ex-Waise Kilabasi mit einem neugeborenen kleinen Elefantenbullen im Stallgelände. Wir nannten ihn Kofi. Es war ein furchtbar stolzer Moment für die Keeper, die Kilabasi seit 2011 begleitet hatten. Damals wurde sie als kleines Baby von Dorfbewohnern gefunden, als sie von der tansanischen Seite geschwächt nach Tsavo taumelte. Wir werden nie erfahren, was ihr auf der langen, einsamen Reise nach Kenia widerfahren ist, aber da es gerade eine schlimme Periode der Wilderei war, gehen wir davon aus, dass sie ihre Mutter durch Wilderer verloren hat. Jetzt, ein Jahrzehnt später, lebt sie in der Wildnis und hat ihr erstes eigenes Baby zur Welt gebracht!

Die Waisen fraßen in der Nähe, aber als sie das neue Baby witterten, ließen sie alles stehen und liegen. Malkia, Mteto, Ndiwa, Roi und Esampu versuchten ihr Bestmögliches, um an Kofi heranzukommen, aber dessen vorbildliche Kindermädchen Makireti, Gawa, Ishanga, Olare, Siku und Lili schirmten ihn hermetisch ab. Roi hatte einen kleinen Disput mit Gawa und wurde mit strengen Blick von dessen Mutter Galana in eine Auszeit geschickt.

Die „Rumtreiber“, wie sie von den Keepern genannt werden, kommen und gehen, wie es ihnen passt. Siangiki, Olsekki, Oltaiyoni, Naseku und Roi kommen auch nur selten mit dem Rest der Waisenherde abends ins Stallgelände zurück. Sie kommen erst spät, wenn alle anderen schon schlafen, ganz so, als ob sie zeigen wollten, dass sie nicht mehr „ins Bett gebracht“ werden müssen.

Am 7. Januar gab es wieder Zuwachs, als Lualeni ihr kleines Mädchen Lexi vorstellte. Lualeni ist wahrscheinlich auch ein Opfer der Wilderei und wurde 2004 schlafend und mutterseelenallein unter einem Baum gefunden. Bis heute hat keine andere Elefantenwaise so tief und lange getrauert wie Lualeni. Sie jetzt mit ihrem zweiten Baby zu sehen, ist eine unglaubliche Belohnung. Lualenis Erstgeborene, Lulu, ist inzwischen drei Jahre alt und hat sich selbst zu Lexis Chef-Kindermädchen ernannt.

Die Ex-Waisen blieben noch in der Nachbarschaft, kamen aber seltener vorbei als in der Trockenzeit. Nach dem Vormittag voller Aufregung trafen die Waisen auf dem Weg zur Suhle auf Challa, Kinna, Kama, Kaia, Kilabasi, Makireti, Ithumbah und Kofi. Mteto hat ihre Liebe zu Elefantenbabys entdeckt und zog mit den Ex-Waisen los, in der Hoffnung, vielleicht als Kindermädchen für Kofi und Kaia anheuern zu dürfen. Bis zur Schlafenszeit war sie mit ihnen unterwegs, aber dann wurde sie von Kinna wieder am Stallgelände abgeliefert. Für Mteto war der Nachmittag mit Sicherheit ein großes Abenteuer!

Die kommenden Tage waren aufregend für alle, denn unsere Ithumba-Herde bekam drei neue Mitglieder aus der Nairobi-Nursery! Am frühen Morgen des 8. März kamen Larro, Mukkoka und Naboishu an. Maramoja, Nabulu, Sattao und Musiara, die die drei schon aus ihren Nursery-Tagen kennen, waren die ersten, die sie begrüßten. Malkia, Nabulu, Ndiwa, Roi, Maramoja, Malima und Sana Sana verbrachten den ganzen Tag damit, um die Herzen der Neuankömmlinge zu erobern.

Naboishu, Larro und Mukkoka haben sich den Spitznamen „Einser-Schüler“ verdient, denn sie haben sich wahnsinnig schnell in alle Routinen eingelebt. Als es am ersten Tag Zeit war, ins Stallgelände zurückzukehren, gaben die Keeper das Zepter an Nabulu und Musiara weiter, um die Herde nach Hause zu führen. Nachdem sie angekommen waren, machten die Neulinge Nabulu jede Bewegung nach: Sie standen neben ihr am Zaun für ihre Milchflaschen an und fraßen anschließend ihre Luzerne-Pellets und Zweige im Stall. Hätten wir es nicht besser gewusst, hätten wir nicht geahnt, dass dies ihr erster Tag in Tsavo war! Aber in einer Hinsicht waren unsere drei Neulinge noch ein bisschen zu naiv. Während der Rest der Herde sich soviel Luzerne-Pellets wie möglich reinstopfte, konzentrierten sich Larro, Naboishu und Mukkoka lieber auf das Grünfutter. Sie kamen in der Regenzeit an, und der Busch ist dann entsprechend grün. In der Trockenzeit werden sie die Luzerne schätzen lernen! Als der Monat allmählich verging, und damit auch die Trockenheit, hatten sich ihre Vorlieben schon deutlich verändert.

Es gab einige richtig heiße Tage im Januar, die mit Schwimmen und Wälzen in der Suhle verbracht wurden. An einem Nachmittag hatten Rapa, Nabulu, Mundusi, Enkikwe, Mteto, Ndiwa, Kuishi, Esampu, Ambo, Mapia, Sana Sana und Kamok eine stürmische Pool-Party. Esampu verzog sich als erste und rannte trompetend in den Busch – eine richtig kleine Drama-Queen! Mundusi und Enkikwa blieben bis zum Schluss im Wasser. Es ist wundervoll, wie gut sich Enkikwe erholt hat und jetzt an allen Aktivitäten teilnimmt.

Morgens die Herde in den Busch zu führen, ist eine große Ehre, aber auch eine schwierige Aufgabe. Karisa wurde eines Tages daran erinnert, als er sich für die Laufrichtung gen Westen entschied. Sana Sana, Nabulu, Malima, Mteto und Malkia trauten der Vorgabe nicht und liefen in Richtung Südosten. Sie kollerten, um dem Rest der Herde mitzuteilen, dass ihr Weg der bessere sei. Karisa nutzte die Gelegenheit und schloss sich den „Rumtreibern“ an; die Gang kam erst gegen 21 Uhr zurück ins Stallgelände.

Wilde Artgenossen erinnern die Waisen regelmäßig daran, dass sie in der Wildnis leben. Von ihnen lernen sie überlebenswichtige Verhaltensregeln der Elefantengesellschaft, zum Beispiel: Respekt gegenüber den Älteren und niemanden unnötig provozieren. Eines Morgens tauchte Ex-Waise Challa aus dem Gebüsch auf und sah kurz bei den Waisen vorbei. Obwohl er regelmäßig vorbeikommt, waren die jungen Bullen Enkikwe, Mundusi, Rapa, Sattao, Mapia und Wanjala wie vom Donner gerührt und streckten demütig ihre kleinen Rüssel nach dem majestätischen Bullen aus. Sie liefen ihm etwa 500 Meter nach und versuchten, seinen langsamen, rhythmischen Gang zu imitieren, kehrten aber dann um, weil sie verstanden, dass Challa lieber sein eigenes Ding machte.

Am 29. Januar kamen Mutara, Sities, Sugata, Kainuk, Turkwel, Kalama, Melia, Rapsu und Lemoyian nach langer Zeit einmal wieder vorbei. Sie freuten sich sehr über die drei neuen Waisen aus Nairobi, aber Mukkoka, Larro und Naboishu schienen keinerlei Interesse an den großen Kühen zu haben – es schien sogar, als würden sie sie meiden! Suguta und Turkwel versuchten sich dann an Dololo, aber auch der zeigte ihnen die kalte Schulter. Die Kühe hatten ihn links liegen gelassen, als ihre Babys zur Welt gekommen waren, vielleicht trägt er ihnen das immer noch nach? Die nächsten Tage über buhlten Turkwel und Suguta um Dololos Vergebung. Er gab schließlich ein bisschen nach und erlaubte ihnen, mit ihm abzuhängen. Aber er sollte sich vorsehen, denn Mutaras erstes Baby ist fällig!

Zum Monatsende beschloss Larro, dass sie jetzt bereit ist, die Herde morgens in den Busch zu führen. Mteto, Malkia, Esampu und Sana Sana konnten das aber auf keinen Fall akzeptieren, denn Larro kennt die Umgebung bei Weitem noch nicht gut genug. Sie eilten hinüber zu dieser kleinen mutigen Kuh und erlaubten ihr, unter Anleitung die Herde anzuführen – was für ein schönes Beispiel dafür, wie ältere Elefanten ihr Wissen an die Jüngeren weitergeben!

 

Monatsbericht für die Kibwezi-Gruppe in Umani Springs: Januar 2022

Als wir den ersten Tag im neuen Jahr begannen, fanden die Keeper die „Nachtschwärmer“ vor dem Stallgelände, wo sie bereits auf ihre Freunde warteten. Faraja hatte einen wilden Bullen dabei, der ganz entspannt vor sich hin graste. Sonje und Quanza dachten, es sei eine gute Idee, die Waisen dem wilden Bullen vorzustellen und gingen dabei sehr umsichtig vor. Zuerst gingen sie alleine zu ihm hin, um ihn zu begrüßen. Erst dann nahmen sie Kiombo und Kiasa mit. Leider waren die beiden ein bisschen übermütig und berührten den Schwanz des Bullen, worauf er furchtbar laut trompetete: eine wichtige Lektion aus dem Elefantenknigge. Aber Farajas wilder Freund kam auch die nächsten Tage wieder, und der Vorfall war schnell vergessen. Am dritten Tag gelang es ihm, Enkesha und Kiasa mit in Richtung Chyulu-Berge zu nehmen. Die Keeper bemerkten ihr Verschwinden erst später und machten sich auf die Suche. Zongoloni musste ihr Rufen gehört haben, denn sie tauchte kurz danach mit dem wilden Bullen, Enkesha und Kiasa aus dem Gebüsch auf. Zongoloni ist wirklich eine tolle Leitkuh, die „Nachtschwärmer“ können sich glücklich schätzen, sie als Anführerin zu haben.

Mwashoti und Alamaya stehen sich sehr nahe, aber so wie alle Brüder haben sie ihre gelegentlichen Reibereien. Eines Nachmittags brach ein Streit aus, als Alamaya aus Versehen einen Zweig fallen ließ. Mwashoti nutzte die Gelegenheit und schnappte ihn sich. Die Gemüter erhitzten sich, ein zäher Ringkampf begann und endete erst, als Murera einschritt. Sie hatte eine Schwäche für Mwashoti, und mit einem sanften Schubs schickte sie ihn weg, so dass Alamaya seinen besondern Zweig wiederbekam.

Die nächste Lektion Elefanten-Etikette gab es, als den Umani-Waisen eine kleine wilde Elefantenfamilie begegnete. Kiombo wollte unbedingt mit den beiden kleinen Babys spielen, aber deren Mütter waren damit gar nicht einverstanden und verpassten ihm einen ordentlichen Schubser. Quanza nahm ihn schnell aus der Schusslinie und kollerte eine Weile. Vielleicht versuchte sie ihm zu erklären, dass er die wilden Kühe unbedingt respektieren müsse. Diese Interaktionen sind (über)lebenswichtig für den Auswilderungsprozess, denn nur so lernen die Waisen genug über die Herdendynamik. In solchen Momenten sind die Keeper sehr stolz auf ihre Waisen und ihre Arbeit!

Am 5. Januar beehrte uns ein Besucher, den wir schon einige Jahre nicht gesehen hatten: One Tusker (dt.: ein großer Stoßzahn), wie die Keeper den wilden, riesigen Bullen mit nur einem sehr langen und einem abgebrochenen Stoßzahn getauft hatten. Wir schätzen, dass er vom Alter her in seinen 40-ern ist, also ein gestandener Elefantenbulle. Er ist nicht besonders freundlich, aber die Keeper nahmen an, er hatte sie an ihren Stimmen erkannt. Sobald sie ihn sahen, scharten sie die Waisen um sich herum, um irgendwelche Zwischenfälle zu vermeiden. Kiasa, neugierig wie immer, begann auf ihn zuzulaufen, aber Sonje und Quanza hielten sie auf. Zongoloni, Alamaya und Faraja hingegen sind inzwischen alt genug und schlossen sich One Tusker an, als er in Richtung Chyulu-Berge weiterzog.

Nachdem Murera schon mal probiert hat, wie sich die Nächte außerhalb des Stallgeländes anfühlen, hat sie sich jetzt entschieden, dass das noch nichts für sie ist. Stattdessen genießt sie ihr neues Gehege im Stallgelände. Außerdem hat sie mütterliche Gefühle für Mwashoti entwickelt, den jungen Bullen, der schon ganz am Anfang ihr Herz erobert hatte. Er bindet sie wieder enger an die Waisenherde, und Mwashoti genießt Mureras Aufmerksamkeit in vollen Zügen. Der Auswilderungsprozess ist individuell und kann nicht erzwungen werden;  Murera und Mwashoti werden ausziehen, wenn die Zeit für sie gekommen ist. Gleichzeitig heißt das aber auch nicht, dass Mureras Auswilderung jetzt erst komplett auf Eis gelegt ist. An einem Nachmittag blieb sie in den Umani-Bergen zurück, während der Rest der Herde im Schlammbad suhlte. Es sprach sich herum, dass sie mit zwei wilden Bullen zusammen war, die die Gesellschaft unserer schönen Murera offenbar sehr zu schätzen wussten. Die Gefühle schienen auf Gegenseitigkeit zu beruhen, denn Murera ließ ihre Nachmittagsmilch aus!

Die Keeper hatten sich schon gefragt, ob dieser Tag jemals kommen würde, aber nun war es soweit: Lima Lima wurde von der Milch abgesetzt! Für einen Elefanten, der Milch so sehr liebte wie sie, hat sie diesen Übergang gut hingenommen. Sie schaut jetzt einfach den Babys zu, wenn sie ihre Flaschen bekommen und macht kein Aufsehen. Für Mwashoti trifft das leider nicht zu; er verlangt immer noch nach seiner Flasche, wann immer es Zeit für die Milchfütterung ist. Die Keeper hatten schon mehrfach versucht, ihn von der Milch abzusetzen, aber er macht sofort einen riesigen Aufstand. Dann tut er ihnen leid und sie geben ihm eine leere Flasche. Jeder Elefant braucht unterschiedlich lange Milch, aber irgendwann wird auch Mwashoti begreifen, dass er nun wirklich kein Baby mehr ist.

Lima Lima ist und bleibt unser „sozialer Schmetterling“. Sie ist immer die erste, die wilde Bullen begrüßt oder sich mit den Kühen in wilden Herden anfreundet. Sie hat einen ausgezeichneten Geruchs- und Gehörsinn und ist überdurchschnittlich loyal ihrer Mensch-Elefantenfamilie gegenüber. All diese Eigenschaften machen sie zu einer ausgezeichneten Späherin, und die Keeper verlassen sich im Busch auch sehr auf sie. An einem Nachmittag an der Suhle, bemerkte Lima Lima einen Büffel, der sich auf den Weg zum Wasser machte. Sie trompetete laut, um den Keepern Bescheid zu geben, aber noch bevor diese reagierten konnten, hatte Lima Lima schon Kiasa und Murera zur Verstärkung geholt, und die drei verscheuchten den Eindringling. Dies war nur eine von vielen Begegnungen mit Büffeln diesen Monat, die Lima Lima erfolgreich abgewendet hat.

In der Nacht zum 17. Januar gab es ein heftiges Gewitter. Das Trommeln der Regentropfen auf den Dächern war wirklich ohrenbetäubend, und Kiombo war sehr aufgebracht. Aber seine Mitbewohnerin Sonje beruhigte ihn mit sanftem Kollern, und er kuschelte sich an ihren Bauch. Maktao und Enkesha dagegen schienen das Wetter sehr gemütlich zu finden.

Seit Beginn der Fehde zwischen Ngasha und den Bullen der „Nachtschwärmer“-Gruppe, haben sich Faraja, Jasiri und Ziwa ein paar wilden Bullen angeschlossen. Sie scheinen sich gut zu verstehen, ein Zeichen dafür, dass ihr Auswilderungsprozess erfolgreich verläuft. Zongoloni und Lima Lima haben hin und wieder Zeit mit den „Nachtschwärmern“ verbracht, was ihnen auch gute Einblicke in das Verhalten wilder Elefantenbullen gab. Wir hatten uns das auch für Ngasha erhofft, aber durch seine schlechten Manieren isoliert er sich leider selbst. Er hat immer noch keine anderen Freunde – außer den Umani-Waisen. Die mag er wirklich sehr gern, aber auch bei ihnen vergisst er sich oft und wird zu grob beim Spielen. Für Ngasha wird die Auswilderung wohl also eher länger dauern.

Zongoloni und Lima Lima scheinen sich gut auf die „Nachtschwärmer“ aufgeteilt zu haben. Lima Lima hat Ngasha, Alamaya und Mwashoti unter ihre Fittiche genommen, während Zongoloni sich um die großen Bullen Ziwa, Faraja und Jasiri kümmert. Wir beobachten sie oft dabei, wie sie versuchen, zwischen Ngasha, Faraja und Jasiri zu vermitteln, aber Ngasha ist und bleibt ein Sturkopf. Wir wissen immer noch nicht, was der Grund für den Streit war, aber wir denken, dass Ngasha einfach nur Dominanz demonstrieren wollte. Auf ihren nächtlichen Streifzügen hat Zongoloni richtige Perlen im Kibwezi-Wald und den Chyulu-Bergen entdeckt. Als die Temperaturen gegen Ende des Monats fast unerträglich heiß waren, wusste sie genau, wohin sie die Herde zur Abkühlung führen musste. Sie zeigte ihnen bisher unbekannte Wasserlöcher, von denen alle begeistert waren. Sie scheint (zu Recht!) sehr stolz auf ihren Spürsinn, und die Waisen sind immer dankbar dafür.